Moderne Gebäude werden immer intelligenter, vernetzter und integrierter. Die Gebäudeautomation dient dabei als zentrale Informationsdrehscheibe zwischen den technischen Ausrüstungen. Zur Gewährleistung eines effizienten Betriebs benötigt es eine einheitliche Sprache und genormte Funktionen. Der weltweite Standard BACnet erfüllt diese Anforderungen.
Die Vorteile von Standards sind unbestritten: Sie bringen hohe Investitionssicherheit und garantieren Flexibilität und Unabhängigkeit. Damit die Gebäudeautomation (GA) effizient arbeiten kann, ist sie auf eine einheitliche Sprache für alle Ausrüstungen und genormte Funktionen angewiesen. BACnet (Building Automation and Control Network) ist eine solche Sprache. Dank ihr können heterogene Systeme wie Heizung, Kühlung, Beleuchtung, Storensteuerung und weitere Gewerke miteinander auf dem gleichen Niveau kommunizieren, Informationen austauschen und voneinander profitieren. Bei vielen historisch gewachsenen Anlagen ist dies jedoch nicht der Fall. Deswegen ist es wichtig, dass Projektverantwortliche sich bewusst werden, wohin der Weg führen soll, sowohl bei der Erneuerung einer Anlage wie auch bei Neubauten.
Warum BACnet
BACnet als GA-Kommunikationsprotokoll empfiehlt sich in erster Linie, weil es herstellerunabhängig ist und weltweit über eine grosse Marktdurchdringung verfügt. Zudem ist es aufgrund seiner Transparenz eine sichere und solide Investition. In der Praxis bietet es den Vorteil, gegenüber anderen Systemen mehr Intelligenz und mehr Informationen auf der Automationsebene anzubieten. Diese Intelligenz steckt in sogenannten Objekten und Funktionen, die durch den Standard vorgegeben sind. Diese erhöhte Komplexität erfordert bei Grossprojekten einen Bauplan, der Vereinbarungen und Vorgaben beinhaltet. Deshalb wird das entsprechende Know-how benötigt, um klare Vorgaben zu erstellen.
Ein Beispiel für eine BACnet-Anwendung ist der Flughafen Zürich. Dort stehen 6‘000 Anlagen der Gebäudetechnik, die auf 70 Gebäude verteilt sind. Die Anlagen werden 24 Stunden pro Tag und 365 Tage pro Jahr überwacht. Bei derartigen Anforderungen wurde dort für Neubauten wie auch Sanierungsprojekte auf das Netzwerkprotokoll gesetzt. Christoph Bosch, Leiter Engineering Elektro am Flughafen Zürich, nannte als wichtige Vorteile die Interoperabilität des Systems und die Herstellerneutralität.
Ein Leitfaden für BACnet
Jedoch tauchen immer noch viele Fragen und Unsicherheiten im Hinblick auf das BACnet-Protokoll auf, und man muss sich die Frage stellen, warum es noch Aufklärung seitens der Hersteller braucht. BACnet ist komplex, weil es zwar eine einheitliche Sprache ist, diese aber in verschiedenen Dialekten gesprochen wird. Dies führt in der Praxis manchmal zu technischen Schwierigkeiten, insbesondere in komplexen Gebäuden.
Deswegen entschieden sich diverse Bauherren und Betreiber von Gebäuden, in Zusammenarbeit mit der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) ein Dokument zur Hilfestellung zu erarbeiten. Daraus entstand im Jahr 2017 die «KBOB-Empfehlung BACnet-Anwendung», eine Unterstützung für Bauherren, die BACnet einsetzen wollen. Es informiert Investoren, Entscheider, Gebäudebetreiber und Spezialisten der Branche über den Nutzen und die Vorteile des Standards BACnet. Jeder Kunde kann selber entscheiden, inwiefern er diese Empfehlungen umsetzen will. Das Dokument ist in erster Linie auf Ausschreibungen von Bauherren ausgerichtet. Technische Erläuterungen und allgemeine Formulierungen sind daher auch entsprechend gestaltet. Zum generellen Verständnis des Dokuments sind aber gewisse BACnet-Kenntnisse zwingend. Ohne diese ist nur schwer nachvollziehbar, warum gewisse Anforderungen formuliert wurden und wie sich diese auswirken. Zudem gibt das Dokument bewusst nur wenig theoretische Erläuterungen zu BACnet.
Seminare zum Netzwerkprotokoll
Aus diesem Grund organisierte KBOB zusammen mit der Gebäude Netzwerk Initiative (GNI) eine Schulungsserie zum Thema BACnet. Seit ihrer Gründung vor über 20 Jahren setzt sich die GNI für die Verwendung von Standards in der Gebäudeautomation ein. Im Rahmen der Schulungen will der Verband auf den Standard BACnet aufmerksam und gleichzeitig die im Februar 2017 publizierte KBOB-Empfehlung bekannt machen. Als erster Schritt wurde am 30. Mai 2018 ein Einführungsseminar für Bauherren und Spezialisten der Branche organisiert.
Das Seminar informierte Investoren, Entscheider, Gebäudebetreiber und Spezialisten der Branche über den Nutzen und die Vorteile des Standards BACnet. Ausserdem wurden die wichtigen Inhalte der KBOB-Empfehlung vorgestellt sowie der Leitfaden, der zur Ergänzung dieses Werkes erstellt wurde. Das Publikum bekam eine Erklärung, wie die Dokumente miteinander verknüpft sind und wie man sinnvoll damit arbeiten kann. Sie gewannen neue Einblicke über BACnet und konnten von aufschlussreichen Erläuterungen profitieren, zum Beispiel wie Funktionen der Gebäudeautomation von Grund auf im System hinterlegt sind. Dies erübrigt Programmierungs- oder Parametrierungsaufgaben.
Insgesamt begrüssten die Seminarteilnehmer die Initiative, diese Informationstagung zu organisieren. Aufgrund der positiven Reaktionen der Teilnehmer wird das Einführungsseminar nochmals wiederholt. Zuvor aber plant die Gebäude Netzwerk Initiative weitere Kursmodule: einen Kurs für Planer und einen Kurs für Integratoren.
Pierre Schoeffel ist Leiter der Geschäftsstelle GNI Gebäude Netzwerk Initiative.