Kaum ein Thema spaltet die Gesellschaft mehr als die allgegenwärtige Digitalisierung. Der Begriff ist zu einem polarisierenden Kampfbegriff mutiert, der aber wie andere Trendwörter – wie zum Beispiel Nachhaltigkeit – seltsam inhaltslos wirkt. Auf jeden Fall geht bei vielen das emotionale Sackmesser auf. Die einen bemerken darin den Untergang der Menschheit und die Konzentration aller Macht auf wenige globale Unternehmungen wie Google, Facebook, Amazon und Microsoft, andere sehen darin die einzige Möglichkeit, die Zukunft zu gestalten und alle globalen Herausforderungen von der Dekarbonisierung bis zum Weltfrieden zu meistern. Warum ist das so? Warum werden – unter Gebrauch von digitalen Plattformen – die Digitalisierung vollständig infrage gestellt und die angenehmere Erscheinung der analogen Welt gehuldigt? Andere stellen nur das Positive fest, ohne jeden Nachteil! Nach Meinung des Autors hängt das mit dem Wesen der Digitalisierung zusammen, bezüglich deren Ausprägung oft einfache Worte für die Beschreibung oder das Vermitteln des Verständnisses fehlt. Also schauen wir die Sache im Detail an.
Beginnen wir mit der pessimistischen Sichtweise. In dem aktuellen Buch «Die grosse Zerstörung. Was der digitale Bruch mit unserem Leben macht» von Andreas Bartelmess (2020) taucht der T-Rex wieder auf. Er frisst alles andere in seiner Umgebung auf. Bartelmess ist kein Kulturpessimist, sondern selber Gründer eines Start-ups. Er seziert mit dem ökonomischen Blick das Geschehen, welches sich unter dem Satz «The Winner takes ist all» zusammenfassen lässt. Gesunde Konkurrenz ist in diesem Spiel ein Fremdwort.
Wir kennen die Macht der Tech-Giganten und werden doch immer abhängiger von Whatsapp, Facebook, Instagram, Uber, Airbnb, Amazon oder Paypal. Bartelmess ist aber keine Kassandra gegen das digitale Zeitalter wie etwa Hans Magnus Enzensberger, der aus seinem kulturpessimistischen Loch gar nicht mehr herauskommt. Bartelmess weiss als Internetkenner und Unternehmensgründer, dass Bewegungen um Greta Thunberg (Fridaysfor- Future-Bewegung) oder # MeToo ohne Big Data und Social Media nicht solch
eine Wirkungswelle hätten entfalten können. Gerade daher sind die Argumente gegen die Plattformökonomien glaubwürdig, wenn es um die ökonomische Schieflage der Netzwerk- und Skaleneffekte geht. Das macht er dann auch an ganz praktischen Punkten wie den Steuertricksder Silicon-Valley-Elite fest. Auf dieser Ebene bleiben wir aber noch weitgehend
an der Oberfläche. Daher gilt es im Folgenden, einige soziologische Tiefbohrungen anzustellen.
Hier weiterlesen: https://issuu.com/prestigemedia/docs/baurundschau_2020_03/18