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Durchstarten – Start-ups und Innovationen im Baugewerbe

Der Baubranche haftet ein veraltetes Image an. Oft scheint sie wenig innovativ und technologisch rückständig. Dass das so gar nicht stimmt, zeigen Start-ups und Innovationsprojekte mit ihren neuen Ideen – besonders im digitalen Bereich. So gewinnt die Branche auch wieder an Attraktivität als Arbeitsmarkt für die junge Generation.

Das Bauwesen ist eins der ältesten Gewerbe der Menschheit. Sofort kommt einen die Siedlung Jericho in den Sinn oder Uruk und Tell Brak in Mesopotamien, beide oft als älteste Stadt bezeichnet. In diesen Grossstädten errichteten Arbeiter die ersten Tempel, Strassennetze und Gebäudekomplexe. Der Bedarf an Städten und Siedlungen hat sich bis heute nicht geändert. Allerdings steht die Baubranche vor zwei entscheidenden Herausforderungen. Die Branche klagt seit Jahren über einen Fachkräftemangel. Und zudem gilt sie als wenig innovativ. Auf den ersten Blick scheint das einleuchtend: Im Baugewerbe gehören die grundlegenden Entwicklungen der Vergangenheit an. Heute sucht der Bauherr meist nicht nach innovativen Lösungen, sondern nach der kostengünstigsten. Und was die Fachkräfte angeht, kämpft die Baubranche gegen ein überholtes Image an, denn handwerkliche Berufe liegen momentan nicht im Trend.

Dabei kann gerade ein innovationsförderndes Umfeld den Fachkräftemangel bekämpfen und das Baugewerbe für die jüngeren Generationen attraktiv machen. Die Baubranche ist sehr heterogen und besteht nicht nur aus Bauausführung, sondern auch aus Bauplanung und Bauzulieferung. In vielen dieser Bereiche wird die Branche zunehmend digitaler – Stichwort digitale Transformation. Hier liegt ein grosses Potenzial für Innovationen und neue Wege. Was für viele aus den älteren Generationen wie eine Herausforderung klingen mag, ist für die Jüngeren Alltag. Sie sind in der digitalen Welt aufgewachsen – mit Computern, Tablets und Smartphones – und fühlen sich so von der Baubranche wieder mehr angesprochen.

Neue Ideen fördern
Es ist genau diese neue Generation, die neue Produkte entwickelt. Aber gute Ideen alleine reichen nicht aus. Es braucht auch ein Umfeld, das innovative Projekte unterstützt. Was bereits bestehende Unternehmen betrifft, spielt der Wettbewerb eine grosse Rolle: So können Neuerungen einen Wettbewerbsvorteil schaffen, der ein Innovationsanreiz sein kann. Bei der Gründung von Start-ups können staatliche Institutionen innovationsfördernde Anstösse generieren, beispielsweise durch öffentliche Förderung, Coachings oder Ausbildung. So sind heute durch gezielte Förderung die Ideen und Innovationen markttauglich geworden und aus der Wissenschaft in die Unternehmen migriert. Jungunternehmer gründen ihre eigenen Start-ups, und bekannte Bauunternehmen richten ihren Blick nach vorne und investieren in Innovationsprojekte.

Die Bauplanung revolutionieren
Vieles davon klingt nach Science-Fiction: Bauteile werden in 3-D-Druckern vorgefertigt und vor Ort massgenau eingebaut. Geplante Räume lassen sich detailgetreu in 3-D visualisieren und mit VR-Brillen schon vor dem eigentlichen Baubeginn virtuell betreten. Und Bauteile müssen nicht mehr einzeln in Katalogen und Webseiten zusammengesucht werden, sondern finden sich gebündelt in einer digitalen Bibliothek, wie das Beispiel der buildup AG zeigt. Das 2013 gegründete Spin-off der ETH Zürich stellt Akteuren aus der Bauwirtschaft eine unabhängige Onlineplattform zur Verfügung, auf der möglichst alle in der Schweiz verfügbaren Bauprodukte gelistet und auffindbar sind. Damit die Zusammenarbeit, im Sinne von BIM, zudem möglich ist, lässt sich die Plattform in Drittsoftware integrieren. Seit ihrer Gründung haben sie in Ihrer Vision eines «Google für die Baubranche» grosse Fortschritte gemacht, «auch deswegen, weil buildup frühzeitig auf Kooperationen mit der Bau- und der Software-Industrie gesetzt und entsprechende Kanäle aufgebaut hat», ergänzt Paul Curschellas, Mitgründer der buildup AG.

Digitale Interaktion im Gebäude
Aber die Innovationsmöglichkeiten hören längst nicht beim Planen und Bauen auf. Auch bei der Nutzung und Verwaltung eines Gebäudes gibt es Potenzial. Das gilt gerade für die Anwendung von digitalen Tools, wie beispielsweise bei der Vermietung von Wohnungen und Liegenschaften. «Heute weiss ein Vermieter sehr wenig über seine Assets Bescheid. Meistens kennt er nur die Rendite», erklärt Gregor Kälin, Head of Business Development Switzerland bei Allthings. Hier setzt die mobile App Allthings an. Sie optimiert die Kommunikation zwischen Mietenden, Eigentümern und der Verwaltung. Das macht die Bewirtschaftung der Liegenschaften effizienter und steigert den Wert der Immobilien.

Wie genau kann man sich das vorstellen? Die Gegensprechanlage in einem Wohngebäude hat eine Störung. Mieter können jetzt ganz einfach über die App eine Nachricht direkt auf das Smartphone des Hauswarts senden. Am Ende lässt sich sogar feststellen, wie lange es bis zur Behebung der Störung gedauert hat, um beim nächsten Mal noch effizienter zu handeln. Ebenso denkbar: Eine Nachbarin plant eine Geburtstagsfeier. Über die App informiert sie die Hausbewohner über allfälligen Lärm und bittet um Verständnis. Das Potenzial der modularen Plattform erkannte auch die KTI (jetzt Innosuisse) und begann das Start-up 2013 zu fördern. Stefan Zanetti, Mitgründer von Allthings, fasst zusammen: «Das Coaching war gut, aber ebenso wichtig waren die Angebote von der KTI. Sie ermöglichten beispielsweise eine Teilnahme am Mobile World Congress in Barcelona.»

Innosuisse
Die öffentlich-rechtliche Anstalt Innosuisse fördert wissenschaftsbasierte Innovationen in der Schweiz. Jungunternehmerinnen und Jungunternehmern stehen professionelle Coachings zur Verfügung, und sie profitieren von Ausbildungen, Fachveranstaltungen und haben Zugang zu Netzwerken. KMU und Forschungsinstitute erhalten für ihre Innnovationsprojekte professionelles Mentoring. Ziel ist es, dass am Ende erfolgreiche Start-ups, Produkte und Dienstleistungen entstehen. Seit Januar 2018 ersetzt Innosuisse als Schweizerische Agentur für Innovationsförderung die bisherige KTI (Kommission für Technologie und Innovation) und setzt sich für die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Markt ein.

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