Die Sanierung der Räbgass in Basel
Das Räbgass Center in Basel steht exemplarisch für die Entwicklung vieler in den 1980er-Jahren erbauten Einkaufszentren. Nach florierenden Jahren verliert das Center durch die Abwanderung eines wichtigen Ankermieters und aufgrund der Lage an Attraktivität und Glanz. Dank erfolgreicher Revitalisierung der Retailflächen, eines mit neuen hochwertigen Wohnungen ausgebauten Dachgeschosses und einer nachhaltigen Gebäudesanierung verleiht Mint Architecture der Immobilie ein Second Life.
Das im Herzen des Stadtteils Kleinbasel gelegene Einkaufszentrum beherbergte bis Mitte der 1990er-Jahre das Warenhaus Jelmoli. Nach dessen Auszug und aufgrund der Lage nahe dem Claraplatz, der bis vor ein paar Jahren mit Imageproblemen zu kämpfen hatte, verliert das Zentrum für Mieterinnen und Mieter an Attraktivität und vermag auch architektonisch und baulich den geforderten Standards nicht mehr gerecht zu werden. Es droht ein Schicksal, wie es vielen vergleichbaren Läden in der Innenstadt geht. Sie kommen in die Krise und verschwinden vom Markt und die Innenstädte drohen zu veröden. Die Räbgass wählt aber einen innovativen Weg.
Als sich 2017 schliesslich eine der grossen Detailhandelsketten als neue Mieterin für das Räbgass entscheidet, kommt der Prozess einer grundlegenden Revitalisierung und Sanierung in Gang. Die Besitzerin der Immobilie beauftragt Mint Architecture mit der Sanierung des Einkaufszentrums mit dem Ziel, den Leerstand zu beheben und die Retailfläche neu zu nutzen.
Ziel Mixed-use-Immobilie
Als Architekturbüro mit Expertise in der Revitalisierung kommerziell genutzter Bestandsimmobilien und Retailflächen befassen sich die Spezialisten und Architekten in einer umfassenden Analyse sowohl mit der Nutzung als auch mit einer nachhaltigen Sanierung der Immobilie inklusive des dreigeschossigen Parkings. Mit Blick auf eine ökonomische und ökologische Aufwertung empfehlen sie eine Mischnutzung, einhergehend mit einer Totalsanierung der veralteten Gebäudetechnik sowie der ursprünglichen Fassade aus Waschbeton. Während im Einkaufszentrum mit neuer Aufteilung und baulichen Eingriffen die Retailflächen aufgewertet werden und die Mall modernisiert wird, soll das Gebäude durch die Nutzung des Dachgeschosses zu einer Mixed-use-Immobilie weiterentwickelt werden. In dem bisher nur als Lüftungszentrale und Lager genutzten, über 850 Quadratmeter grossen Hohlraum sollen moderne Loftwohnungen entstehen.
Revitalisierung des Einkaufszentrums
Mit der Neuauslegung der Fläche erhalten die drei Hauptmieter des Räbgass-Einkaufszentrums auf den drei Retail-Etagen grosszügige Verkaufsflächen. Sie umsäumen die komplett sanierte Mall, die durch die Versetzung des Eingangs und der Rolltreppe sowie durch den Einsatz von Glas und zusätzlichen Fensterfronten ein grosszügiges und helles Ambiente erhält. Dazu tragen auch die neue leistungsstarke LED-Beleuchtung, eine durchgängige Signaltechnik und eine schlichte, zeitlose Materialisierung bei. Das in die Jahre gekommene Einkaufszentrum erhält durch die Revitalisierung harmonische Raumverhältnisse mit guter Sichtbarkeit der Mieterinnen und Mieter sowie einfachen Zugängen zu den Geschäften. Dank der Auffrischung der Fassade und neuem Brand Design lädt das Einkaufszentrum innen wie aussen zu einem Besuch ein.
Attraktiver Wohnraum
Dieser Wertigkeit gerecht zu werden, dienen auch die von den Architekten entworfenen Loftwohnungen im Dachgeschoss. Während fünf der sechs unterschiedlich grossen Wohnungen durchgängig offen mit je einem Patio und einer Terrasse gestaltet sind, verfügt die grösste Wohnung zusätzlich über ein abgeschlossenes Schlafzimmer und eine grosszügige Dachterrasse mit Abendsonne. Es entstehen attraktive Wohnräume, die durch einen separaten Lift zugänglich gemacht werden und mit hohen Räumen sowie schlichten und hochwertigen Materialien bestechen. So wird die luftige Kühle des Raumes durch ein warmes Eichenparkett leicht durchbrochen. Silbern gestrichene und die Technik freilegende Betondecken sowie Patio- und Terrassenplatten aus Beton verleihen den Wohnungen Grossstadt-Flair. Dazu trägt auch die puristische Linienführung bei, die sich beispielsweise in den dezent dunkelblauen Küchenelementen wie auch den schnurgeraden Leuchtschienen widerspiegelt. Grosszügige Bäder und Gästetoiletten, gänzlich in grauem Stein und schwarz gehalten, runden die Innenarchitektur der Wohnungen ab.
Second Life
Mint Architecture saniert die Bestandsimmobilie bis auf die Fassade nach modernsten Nachhaltigkeits- und Minergiestandards, baut im Zuge des Dachausbaus einen Solarpark und berücksichtigt die von der Stadt geforderten Bestimmungen zur Erhöhung der Biodiversität. Die besonderen Herausforderungen, die sich den Architekten bei den Bauarbeiten boten, zeigen sich unter anderem darin, dass das Einkaufszentrum im laufenden Betrieb modernisiert wird und für die Erstellung der Wohnungen vorab eine gewaltige Menge Beton aus dem früheren Mansardendach herausgeschnitten werden musste.
Die nachhaltige Sanierung des Räbgass-Centers und die erfolgreiche Revitalisierung durch Mischnutzung haben dem über 40-jährigen Bau ein zweites Leben eingehaucht. Die baulichen Eingriffe, allen voran die Entwicklung von neuem Wohnraum, sorgen für einen stimulierenden Mietermix, werten die Gebäudequalität auf und erhöhen die Frequenz von Einkaufszentrum und Parking. Die durch die Loftwohnungen zusätzlich bewirtschaftete Fläche steigert den Wert und die Qualität der Immobilie und bietet in einem wiederbelebten Quartier neuen attraktiven Wohnraum, der in kürzester Zeit vermietet werden konnte.
Nachhaltigkeit ist Trumpf
Das Einkaufszentrum, das dreigeschossige Parking und die Wohnetage des Räbgass-Centers entsprechen – die Fassade ausgenommen– den jüngsten Minergiestandards. Das Gebäude wurde gleichsam auf das Grundgerippe heruntergestrippt und nach den neuesten Standards wiedererbaut, was mitunter die Wärmedämmung, die Luftdichtheit, Photovoltaik, Belüftungssysteme und Beleuchtungsanlagen mit LED beinhaltet. Auf dem Dach ist neu ein Solarpark installiert. Die Flachdachanlage mit Ausrichtung Ost-West produziert 94.52 Kilowattpeak, die Indachanlage des nach Süden ausgerichteten Schrägdachs 29.65 Kilowattpeak. Der durch den Solarpark erzeugte Strom deckt einen Grossteil des Haustechnikbedarfs (Kühlung und Lüftung) des Einkaufszentrums ab. Auch der Biodiversität wird entsprechend den Auflagen der Stadt Basel Rechnung getragen. Die Massnahmen umfassen die Teilbegrünung des Daches, für welche ein spezifisches, auf die Region abgestimmtes Substrat verwendet wurde. Ausserdem werden auf dem Dach, nebst dem Solarpark, partiell unterschiedlich hohe Substratbereiche aufgeschüttet und Hügel aus Astwerk angelegt, um den Bodentieren Rückzugsorte zu bieten und die Standortvielfalt zu fördern. Der Entscheid der Eigentümerin, die in den 1980er-Jahren erstellte Waschbetonfassade zu erhalten, verhinderte die Freisetzung der darin eingeschlossenen grauen Energie. Generell zeigt sich die Nachhaltigkeit im vorliegenden Projekt darin, dass im Bestand gebaut und auf einen Ersatzbau verzichtet wurde. Die Sanierung und die grossräumigen Entwicklungsmassnahmen verhelfen einer End-of-Life-Immobilie zu einem zweiten Leben. Sämtliche Retailflächen und Wohnungen wurden kurz nach der Fertigstellung vermietet und tragen zu einer höheren Frequenz des im Aufschwung begriffenen Kleinbasler Claraquartiers bei.