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Geht nicht, gibt’s nicht!

«Wo ein Traum ist, gibt es auch einen Weg» ‑ Das Motto von Theodor Herzl haben die Israelis verinnerlicht.

An Israel andocken – das ist aktuell ein viel versprechendes Motto für die Start-ups und innovativen Unternehmen weltweit. Auch für viele Zürcher Unternehmen und Unternehmer bedeutet Israel eine grosse Chance.

Man kennt sie, die Innovations- und Start-up-Hotspots der Welt. Natürlich denkt man hierbei sofort an Kalifornien mit dem Silicon Valley – aber auch Israel und die Schweiz holen sich in den Innovations-Rankings Lorbeeren ab und gehören zu den Topnationen. Lausanne und auch Zürich zählen zu den Schweizer Innovations-Hotspots, und speziell Zürcher Unternehmen arbeiten gerne und intensiv mit israelischen zusammen.

Woran denken viele, wenn Israel erwähnt wird? An politische oder religiöse Spannungen, an die aktuellen News oder ans Spannungsfeld Jerusalem? Aber jene, die sich genauer mit Israel und der Gesellschaft vor Ort beschäftigen, werden das Land und die Start-up-Metropole Tel Aviv sofort mit den Begriffen Innovation, Technologie und Unternehmertum in Verbindung bringen. Israel ist, gemessen an der Bevölkerungszahl, im innovativen Sinne das dynamischste und erfolgreichste Land der Welt. Das ist nicht nur statistisch bewiesen. Warum ist das so?

Ob Migros, Post, Credit Suisse, SBB oder Lonza: Sie spüren in Israel Innovationen auf, für die das kleine Land im Nahen Osten berühmt geworden ist. Der Standort Israel hat sich als eine der ersten Adressen in der globalen Start-up-Szene etabliert. Israel, sagen die Kenner der Szene, sei das «neue Kalifornien». Nur im Silicon Valley gibt es pro Kopf der  Bevölkerung mehr Jungunternehmen als in Tel Aviv. Und für den Schweizer Start-up-Investor Daniel Gutenberg ist das Silicon Valley gar passé. «Innovationen finden heute in China, Brasilien und in Israel statt», ist die Kernaussage in seinen Interviews und Vorträgen.

Erst kürzlich hat das Israelisch-Schweizerische Lean-Launchpad-Programm sechs ausgesuchte Jungunternehmen nach Israel geschickt, um praxisorientierte Lernerfahrungen im Bereich Start-up-Business zu sammeln. Drei dieser sechs extrem begehrten Plätze wurden an Unternehmen aus dem Raum Zürich vergeben: an Vay Sports (Zürich), an Hidimaging (Winterthur) und an Movement Sciences (Zürich). Es treffen sich auch regelmässig Inkubatorinnen und Inkubatoren an Netzwerkanlässen in Zürich wie an jenem im Dezember 2019, als Israels grösster Wagnisfinanzierer OurCrowd über Investitionsmöglichkeiten in der israelischen Hightech-Szene informierte. Organisiert hatte das Treffen unter anderen Thomas Borer, der ehemalige Schweizer Botschafter in Berlin.

Aber nicht nur Start-ups strecken ihre Fühler vermehrt nach Israel aus: Viele Schweizer Firmen suchen seit Jahren in Israel nach neuen Ideen. Die Post AG forscht zum Beispiel in Tel Aviv mit Lieferrobotern. Aber auch aus der ganzen Welt strömen intelligente Köpfe hierher. Israel ist ein Top-Testmarkt für innovative Produkte und Dienstleistungen. Das Start-up- und Technologie-Wunderland wird weltweit als «Silicon Wadi» bezeichnet und gilt gemeinsam mit dem Silicon Valley als der weltweit grösste Innovations-Hotspot.

Hier wurden mehrere Hundert Innovationen entwickelt, die jede / r von uns kennt: die Intel-Prozessoren, der USB-Stick, die modernsten Wasseraufbereitungsanlagen, der mittels Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführte hoch intensive fokussierte Ultraschall (HIFU), einige Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz, Website-Template-Lösungen (zum Beispiel Wix), Navigations-Apps (zum Beispiel Waze), die Kameras für Tablets und Smartphones… das alles und noch viel mehr kommt aus Israel, wo knapp 8.9 Millionen Menschen leben. Also vergleichsweise ähnlich viele (oder eben wenige) wie in der Schweiz. Und dennoch hat dieses Land über 90 Firmen an die US-Börse Nasdaq gebracht. Das ist mehr als jedes andere ausser den USA und China (!). Nirgends werden so viele Tech-Firmen per Einwohner gegründet. IT-Riesen wie Apple, Cisco, Google, Intel, Microsoft und IBM unterhalten dort Forschungszentren. Und Politiker und Unternehmer aus der ganzen Welt pilgern hin, um die Frage zu ergründen.

Dem eigenen Beispiel folgen
Israel ist eine Start-up-Nation mit einem enormen Investitionswillen und viel Innovationskraft. Das ist seit Jahrzehnten kein Geheimtipp mehr. Wer eine einfache Antwort haben möchte, warum ausgerechnet Israel als kleines Land mit vielen feindlich gesinnten Ländern im Nacken so erfolgreich ist, muss einfach ein Geschichtsbuch öffnen: Der Staat war und ist gewissermassen ein Start-up. Eines, das sich gegen alle Widrigkeiten mit viel Durchsetzungsvermögen, aber auch Improvisationskraft behaupten konnte und praktisch aus dem Nichts dank kluger Köpfe und viel Solidarität eine Erfolgsgeschichte entstand. Man musste seit der Gründung 1948 mit der Gewissheit leben, dass man nur mit einem Vorsprung unter anderem in Wissenschaft, Innovation und Technologie überleben wird. Getrieben vom Motto «Nie wieder» haben sich also die Israelis ihrer Stärken besonnen und die bestehenden intellektuellen Fähigkeiten in die Praxis umgesetzt. Einer, der das nicht nur als politischer, sondern auch als globalwirtschaftlich denkender Visionär erkannt hat, war der legendäre Shimon Peres – Ex-Regierungschef und Friedens-Nobelpreisträger. Auch dank ihm wurden die grössten Fortschritte in der Konzeption der staatlichen Förderprogramme für innovative Unternehmen erreicht. Viele berühmte Unternehmer lassen sich gerne zitieren, wenn es um die Errungenschaften Israels geht. So sagte beispielsweise Bill Gates:
«Israel hat mit der stattfindenden Innovation eine Schlüsselrolle in der Technologie-Branche.»

Fuckup, Chutzpah und Balagan
Ein erfolgreiches Start-up-Unternehmen lebt aber auch vom Mut und von der Notwendigkeit, Dinge anzupacken: «Lieber heute statt morgen», ist oft die Devise, wenn man in Israel mit den Leuten eine Idee oder ein Projekt ausdenkt. Keine Zeit zu verlieren und den Mut zu haben, Fehler machen zu dürfen – das ist eine Eigenart der Israelis. Das zeigt sich auch in den vielen Meetup-Hubs im Lande, wo bekannte und unbekannte Personen mit Stolz und Witz ihre Erfahrungen in den sogenannten Fuckup-Nights nach dem Motto «Share your Fuckup» teilen. Zwei immer wiederkehrende Begriffe hierbei sind «Balagan» (Ivrith / hebräisch – was so viel heisst wie Chaos) und «Chutzpah» (steht im übertragenen Sinne für Mut). Die Israelischen Entrepreneurinnen und Entrepreneure können Balagan und Chutzpah gut mit anderen unternehmerischen Eigenschaften  verbinden. Das ist eines der Erfolgsgeheimnisse. Chutzpah oder Balagan sind im israelischen Alltag weder positiv noch negativ konnotiert. Wenn, dann sei es – so wird es in einem israelischen Sachbuch zum Thema beschrieben – eher wie beim Krafttraining: «Je mehr man damit vertraut ist, in einem chaotischen Umfeld aufzuwachsen, umso intensiver trainiert man die entsprechenden Muskeln, die die Anpassungsfähigkeit stärken.»

Förderprogramme für Innovationen
Das bestätigt auch eine, die es wissen muss: «Unsicherheit ist die einzige Sicherheit, die wir hier in Israel haben», schrieb Inbal Arieli in ihrem Bestseller «Chutzpah». Arieli ist in der Unternehmerwelt Israels eine der wohl bekanntesten Schlüsselfiguren. Seit mehr als 20 Jahren ist die Mid-Vierzigerin in der Start-up-Szene eines Landes unterwegs, das beim Venture-Capital- Aufkommen und bei den Start-up-Gründungen pro Kopf weltweit den Spitzenplatz belegt. Arieli ist nicht nur Seriengründerin und Start-up-Business-Angel, sondern hat zudem den ersten Inkubator Israels ins Leben gerufen und mehrere Innovationsprogramme für Unternehmer aufgelegt. Mit ihrer Firma Synthesis hilft sie Gründern, ihre jungen Firmen grosszuziehen. Das US-Magazin «Forbes» zählt Arieli deshalb schon seit einiger Zeit zu den 100 einflussreichsten Personen des Hightech-Staats am Mittelmeer. Sie kennt sich aus mit den Förderprogrammen und den Hightech-Zentren im Lande. Davon gibt es einige, die vornehmlich in Tel Aviv, in Herzlyia und in BeerSheeva (eine innovative Stadt mit vielen Forschungsprojekten mitten in der Negev-Wüste) zu finden sind.

Die israelische Regierung hat drei verschiedene Programme zur Förderung von Start-up-Unternehmen aufgelegt: das TNUFA-Programm (hebräisch für Momentum, Schwung) für Jungunternehmer / innen ist eines davon. TNUFA unterstützt Start-ups, die den Nachweis technologischer Durchführbarkeit und kommerzieller Realisierbarkeit ihrer Idee erbringen können. Das Incubator-Incentive-Programm für Start-up-Gründer forciert mit einem Zuschuss bis zu einem Höchstbetrag von 800 Millionen US-Dollar bei 15 Prozent  notwendigen Eigenkapitals neue Entwicklungen. Die Besonderheit dabei ist: Das Darlehen muss nur im Erfolgsfall zurückgezahlt werden. Damit werden auch riskante Projekte  finanziell möglich. Scheitert das junge Unternehmen, trägt der Staat die Kosten, ist es erfolgreich, verbleiben die Gewinne bei den privaten Investoren. Der Staat wiederum refinanziert sich im Erfolgsfall und kassiert drei Prozent Tantiemen von gewinnbringenden Start-ups. Eine Win-win-win-Situation ohnegleichen. Und auch das Renewable Energy Technology Center für Entwicklungsprojekte im Segment erneuerbare Energien und Energieeffizienz mit einem Förderbudget bis zu 730’000 US-Dollar je Projekt ist effizient.

Es umfasst die Bereiche Solarenergie, Windenergie, Geothermie, Brennstoffalternativen, Energieeffizienz, Smart Grid (Intelligentes Stromnetz) und Energiespeichertechnologie. Kein Wunder also, ist Israel auch in diesen Bereichen so richtig gut dabei.

Die Zauberformel mit neun Zutaten
Es gibt acht oder neun Zutaten für die Anwendung der schon beschriebenen Zauberformel «Balagan, Chutzpah, Förderprogramme und Innovationsdurst » (Quellen: Working Press Basel und Businessinsider.de):

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