Das Thema Holz erlebt in urbanen Räumen, nachdem es jahrzehntelang dort nur ein Nischendasein führte, eine neue Renaissance. Diese Entwicklung muss aber auch professionell begleitet werden.
Holz ist der nachwachsende Baustoff, der sich im Bausektor durch Qualität und Leistung positioniert und gleichzeitig in der Klimapolitik für dauerhafte Lösungen sorgt. Holz wurde zu Beginn der häuslichen Unterkünfte, als Pfahl- und Blockbauten und später als Fachwerkbauten für erste mehrgeschossige Mehrfamilienhäuser eingesetzt. Der weiterführenden Anwendung von Holz wirkten fehlende städtebauliche Planungs- und Brandschutzverordnungen in der Vergangenheit entgegen, so dass bis heute Mauerwerk und Beton primär in der Bauwirtschaft eingesetzt werden. Gegenwärtig ist Holz in der Schweiz und international durch die Realisierung von mehrgeschossigen Wohnungs- und Verwaltungsbauten,
Freiformschalen und Brückentragwerken in der Renaissance. Parallel gilt es, die historischen Holztragwerke in der Schweiz zu erhalten oder für neue Nutzungsanforderungen vorzubereiten.
Analytische Beobachtung
Holz ist ein natürlicher Werkstoff, der konstruktiv geschützt dauerhaft leistungsfähig ist. Weitspannende und gekrümmte Träger aus Brettschichtholz oder massive Wände aus Brettsperrholz prägen den heutigen Holzbau. Die Tragfähigkeit von Holz wird durch Umwelt- und Klimaeinwirkungen in Abhängigkeit von der Nutzung unter anderem als Brücke, Sport-, Reit- oder Eishalle wie auch Bergbahnstation beeinflusst. Die periodische Überwachung und Inspektion sind in den Nutzungsvereinbarungen zum Schutz der Gesellschaft zu regeln. Hier gilt es, stufenweise beginnend beim Facility Management bis hin zum Experten / Fachspezialisten das Holztragwerk aufmerksam zu beobachten, Störungen festzustellen und die Tragsicherheit in gesetzlich einzuhaltenden Inspektionsintervallen verantwortungsvoll zu beurteilen. Die Schweizer Norm für Ingenieure und Architekten SIA 269 vom Jahr 2011 regelt die Grundlagen zur Erhaltung von Tragwerken.
Holz ist intelligent und signalisiert durch Verfärbungen an der Oberfläche relativ schnell Störungen und Leckagen, zum Beispiel in der Wasserführung. Weiter weisen Querschnittsverformungen und mögliche Risse auf Schwächen infolge von klimatischen Beanspruchungen oder Ausführungsfehlern hin. Neben der visuellen handnahen Untersuchung ist die zerstörungsfreie Messung des Holzfeuchtegehaltes das wichtigste Instrument. Die
Gefahr von holzzerstörenden Pilzen steigt mit dauerhaft zunehmendem Holzfeuchtegehalt über 20 Prozent. Weiter sind die Festigkeiten von Holz abhängig vom Gehalt der Holzfeuchte. Die stufenweise Messung über die Querschnittstiefe gestattet die Unterscheidung eines Auffeuchtens oder Abtrocknens der Tragstruktur. Vorliegende Planungsunterlagen oder vorherige Prüfberichte sind mitzuverwenden, insbesondere bei Probenentnahmen. Der Einsatz von Leitern, Rollgerüsten oder Hebebühnen ist hier unumgänglich, um das Holztragwerk wirklich handnah zu inspizieren.
Der Blick in das Innere
Die Inspektionen können mit vorwiegend zerstörungsfreien Prüfmethoden, wie zum Beispiel der Bohrwiderstandsmessung, Endoskopie, Ultraschallechoverfahren oder mit der aus der Medizin bekannten Röntgentechnologie durchgeführt werden. Der spezielle Einsatz einer mobilen Röntgenblitzröhre, in Kombination mit einer digitalen Fotoplatte, ermöglicht vor Ort den Blick ins Innere einer Verbindung mit mechanischen Verbindungsmitteln oder der Passgenauigkeit von historischen Verbindungen wie Versätzen oder Zapfen. Aufgrund der Dichteunterschiede in den verwendeten Materialien können Verformungen oder auch Hohlräume detektiert werden. Die Fachspezialisten des Instituts für Holzbau, Tragwerke und Architektur der Berner Fachhochschule BFH unterstützen ausführende Ingenieure und Unternehmen durch die Bereitstellung von Prüfgeräten und die Übernahme von Prüfungen. Die BFH ist zudem akkreditierte Prüfstelle zur Beurteilung der Klebefugenqualität für geklebte Tragquerschnitte aus Holz.1
Methoden der Ertüchtigung
Die Ergebnisse der Inspektion führen mitunter zur Planung von Erhaltungs- und Instandsetzungsmassnahmen für das Holztragwerk. Hier sind mit Blick auf das Gesamttragwerk Konzepte zur Sicherstellung der Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit zu erarbeiten. Nutzungsänderungen können zu neuen Anforderungen an das Tragwerk führen. Die Ertüchtigung des Gesamttragwerkes oder einzelner Tragelemente kann durch den Ersatz, die Reparatur und auch die Verstärkung erfolgen. In der Erhaltungsplanung ist zu beachten, dass durch neue Tragelemente Kräfte und Lastabtragungen sich positiv oder auch negativ umlagern können. Für eine zusätzliche Verstärkung stehen je nach baulichen Randbedingungen und öffentlichen Vorgaben verschiedene Techniken zur Auswahl. Die Verwendung von aufgeklebten Platten oder Lamellen aus Holz, Holzwerkstoffen oder CFK-Gewebe kann genauso wie die Verstärkung mit Vollgewindeschrauben, eingedrehten oder eingeklebten Stäben aus Stahl und CFK zur Erhöhung der Gesamtsteifigkeit wie auch der Schub-, Querzug- oder Querdruckfestigkeit genutzt werden. Weitspannende Träger aus Brettschichtholz mit traglastreduzierten Rissen können durch das Auspressen der Risse oder offener Klebstofffugen wirkungsvoll ertüchtigt werden.
Holz ist leistungsfähig und muss wie jeder andere Werkstoff zur Qualitätssicherheit kontrolliert und bei Bedarf erhalten und instandgesetzt werden. Die Prüf- und Verstärkungsmethoden hierzu sind vielfältig und müssen systematisch und wirkungsvoll vom Prüfingenieur und Experten ausgewählt werden. Das Gesamttragwerk und die Nutzungsanforderungen sind hierbei primär zu betrachten, bevor wichtige Lösungen für das Detail in der Erhaltung entworfen werden. Dem Prüfingenieur / Experten obliegt eine hohe Verantwortung im Umgang mit den Prüftechniken, den Tragsicherheitsnachweisen und der Auswahl an allenfalls erforderlichen Instandsetzungs- oder Verstärkungsmassnahmen.