Wer hätte vor zwei Monaten gedacht, dass Grenzen in Europa wieder geschlossen werden. Das Coronavirus offenbart die Schwächen der Globalisierung und der damit verbundenen Vernetzung der Welt: Wenn China hustet, kriegt die Welt eine Lungenentzündung. Und es trifft zahllose Wirtschaftszweige bis ins hinterste Bergtal.
Regionale und lokale Kreisläufe sind in den letzten Jahren aus der Mode gekommen. Sie konnten mit der Effizienz der globalisierten Warenproduktion und -transporte nicht mehr mithalten. Alles ist überall, immer und billig verfügbar: Vietnamesische Crevetten zur Vorspeise, eine Kunstfaserjacke beim Skifahren auf Kunstschnee, nordafrikanische Erdbeeren im Weihnachtsdessert, kanadischer Lachs zum chilenischen Schaumwein und billiger Treibstoff aus Nahost für Billig-Airlines und die immer schwereren Autos. Unsere Wirtschaft läuft auf Hochtouren, dank der vermeintlich grenzenlosen Verfügbarkeit billigster Energie aus Kohle, Erdöl, -gas und Uran. Kaum jemand verschwendet einen Gedanken darüber.
Und dann kommt das Coronavirus. Innert Wochen verursacht das unsichtbare Virus einen umwelt- und klimapolitischen Quantensprung. Klare Luft in China, lebende Fische in der Lagune von Venedig, ein blauer Himmel ohne Kondensstreifen, weniger Verkehrslärm. Völlig ungeplant und unheimlich schnell. Allerdings mit noch unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft.
Corona wirft die Frage nach der Wichtigkeit der Dinge auf
Ist es wichtig, jeden Tag Lebensmittel aus der ganzen Welt kaufen zu können? Ist die permanente Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wichtig? Ist es wichtig, für weniger als hundert Franken nach Ägypten fliegen zu können? Ist es wichtig, mit anderen Menschen zusammenkommen zu können? Ist es wichtig, im Winter die Gebäude heizen zu können? Eine differenzierte Abwägung der Wichtigkeit einzelner Dinge schafft neue Perspektiven. Verzicht verursacht nicht zwingend einen Verlust an Lebensqualität, wenigerkann mehrbedeuten. Das Abwägen der Bedeutung der Dinge bringt interessante Erkenntnisse ans Tageslicht.
Erste Erkenntnis: Die Besinnung auf regionale und lokale Produkte und Kreisläufe macht Sinn. Wer einheimische Ressourcen und Produkte von einheimischen Anbietern nutzt, ist unabhängiger und sicherer und stärkt die eigene Volkswirtschaft.
Zweite Erkenntnis: Wachstum und Beschleunigung sind nicht in alle Ewigkeit möglich. Die Menschheit lebt schon heute auf zu grossem Fuss und verzehrt das Kapital der kommenden Generationen. Der rein quantitativ getriebene Kurs der Wirtschaft ist durch qualitative Faktoren zu ergänzen oder zu ersetzen.
Dritte Erkenntnis: Die Gesellschaft muss der Umwelt und dem Klima zuliebe neue Prioritäten setzen. Das Frühjahr 2020 peilt einen neuen klimatischen Hitzerekord an. Die langfristige Erhaltung unserer Lebensgrundlagen ruft nach einer nachhaltigeren, effizienteren Wirtschaft.
Vierte Erkenntnis: Die Umsetzung der ersten drei Erkenntnisse schafft eine höhere Lebensqualität und langfristig sichere Lebensgrundlagen. Im eigenen Interesse und vor allem im Interesse der künftigen Generationen ist eine Wirtschaft ohne Raubbau anzustreben.
Holz macht Wirtschaft resistenter
Holz ist unter den genannten Aspekten eine der wertvollsten Ressourcen überhaupt. Es kann dank seiner universellen Verwendbarkeit einen grossen Beitrag an eine enkeltaugliche Energie- und Bauwirtschaft leisten. Und dabei gibt es noch eine besonders gute Nachricht: Im Schweizer Wald wächst seit vielen Jahren deutlich mehr Holz nach, als wir nutzen. Das gilt übrigens auch für ganz Europa. Jetzt – in der ausklingenden Coronakrise – wäre ein guter Zeitpunkt, den Trumpf der einheimischen und erneuerbaren Ressourcen auszuspielen. Gefordert sind alle – von der Politik über die Unternehmen bis zu den Endverbrauchern – gute Rahmenbedingungen für einheimische Produkte und Dienstleistungen zu schaffen. Damit werden Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes resistenter gegen Störfaktoren in Form reduzierter oder gar unterbrochener Versorgungsströme über die Grenzen.