Hier handelt es sich um eine besonders historisch aufgeladene Fläche in Berlin. Das städtische Grundstück zwischen Jüdischem Museum, dem Neubau der Tageszeitung TAZ und ehemaliger Blumengrossmarkthalle in Kreuzberg erhielt nicht einfach der Meistbietende, sondern derjenige, der für eine Bebauung das beste und passendste Konzept vorlegte. Die eigens für die WDVS-Fassade angefertigten dreidimensionalen Keramikelemente der Serie Craft geben dem Gebäude ein unverwechselbar plastisches Erscheinungsbild, das all diese Besonderheiten subtil unterstreicht, ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen.
Wesentliches Ziel des hier angewendeten konzeptgebundenen Vergabeverfahrens war eine hohe Vielfalt und gute Durchmischung der Bewohner- und Nutzungsstruktur. Entsprechend verfügt der Neubau nicht nur über genossenschaftliche Wohn-, Studio- und Gemeinschaftsflächen, sondern auch über Ateliers und Wohnungen in Eigentum, Gewerbeflächen sowie Raumangebote des Evangelischen Gemeindevereins der Gehörlosen in Berlin. Hinzu kommt eine projektinterne Quersubventionierung, die mithilfe eines höheren Quadratmeterpreises für die Eigentümer dafür sorgt, dass die Mieten für die Genossenschaftsmitglieder mit 9.50 Euro / Quadratmeter vergleichsweise niedrig bleiben. Nicht zuletzt dank dieses zukunftsweisenden Modells gelang es, ein Haus zu bauen, das bei maximal möglicher Auslegung des Bebauungsplans gleichsam eine Stadt in der Stadt bildet.
Natürlich elegante Materialien
Ein Blick in die Wohnungen, Ateliers und Erschliessungswege zeigt, dass im IBeB vor allem rohe Sichtbeton-, Metall- und Holzoberflächen das Bild prägen. Diese Materialien sorgen für einen unmittelbaren, authentischen Raumeindruck, vor dessen Hintergrund sich die zahlreichen Wohn- und Arbeitsvorstellungen der Nutzer umso besser entfalten können. Für die Gebäudehülle suchten die Architekten nach einem Baustoff, der nicht nur ebenso robust, handwerklich und natürlich elegant wirkt, sondern zugleich der besonderen Lage des Gebäudes gerecht werden sollte.
Fassade aus Keramikpixeln
Die zur Bekleidung der mineralischen WDVS-Fassade eingesetzten 157 x 158 Millimeter grossen Keramikelemente entsprechen in vielerlei Hinsicht den Entwurfsvorstellungen der Architekten. «Wir wollten eine Fassade aus einem Material schaffen, das weder hell noch dunkel sein und zudem zu stadträumlicher Qualität beitragen sollte», betont Carolin Gyra, Projektarchitektin im Architekturbüro Heide & von Beckerath. Mit den von den Architekten und Agrob Buchtal eigens für dieses Projekt entwickelten, mittelgrau glasierten Keramikelementen der Serie Craft gelingt beides – eine Fassade aus Tausenden von Pixeln, die je nach Standpunkt mal hell und mal dunkel erscheinen. Die flirrende Wirkung der an sich identischen Pixel entsteht zum Teil durch die leicht changierenden Farbtöne der auf traditionelle Weise im Tunnel ofen gebrannten Keramikelemente. Vor allem aber beruht sie auf ihrem unregelmässig dreiecksförmigen Querschnitt (der zwei unterschiedlich geneigte Ansichtsflächen erzeugt) sowie auf ihrer paarweise immer abwechselnd um 180 Grad gedrehten Montage, die für unterschiedlichste Lichtreflexionen und Spiegelungen sorgt. In gewisser Weise symbolisiert die Fassade dadurch selbst bei Betrachtung aus grosser Entfernung die Vielfältigkeit und Komplexität des Projekts.
Auf Wärmedämmverbundsystem (WDVS)
Die Montage der Fassadenkeramik erfolgte mit Verlegemörtel im «ButteringFloating-Verfahren», also mit Auftrag sowohl auf der armierten Unterputzschicht des WDVS als auch auf der Keramikrückseite. Der bei WDVS-Fassaden nötige Fugenanteil zur Gewährleistung einer ausreichenden Dampfdiffusion wurde dank der kleinformatigen Elemente mühelos erreicht. Zahlreiche Modellstudien der Architekten bildeten den Ausgangspunkt für die letztendlich gewählte Verwendung und Anordnung der Keramikelemente. Deren Materialstärke wurde vom Hersteller so austariert, dass die Stabilität gewährleistet ist und gleichzeitig eine unzulässig hohe Flächenlast vermieden wird. Demnach handelt es sich um eine gestalterische und technische Massanfertigung, die aber dennoch den finanziellen Rahmen nicht sprengte.
Hinsichtlich des Grundmaterials, der Glasur und der Farbe entsprechen die für die Fassade des IBeB eingesetzten Keramikelemente den zweidimensional-flachen Fliesen der Serie Craft. Allein die vergleichsweise geringfügige Veränderung des orthogonalen Standardquerschnitts liess ein charakteristisch dreidimensionales Produkt entstehen, das nun massgeblich zum unverwechselbaren Erscheinungsbild eines einzigartigen Projekts beiträgt. Gewürdigt wurde diese Einzigartigkeit unter anderem mit dem BDA Preis Berlin 2018. Das IBeB war zudem Finalist des Preises des Deutschen Architekturmuseums 2019 und stand auf der Shortlist des Mies van der Rohe Award 2019.
Gemeinschaftliches Wohnen und Arbeiten
Die Schichtung der verschiedenen Nutzungen ist am zweigeschossig verglasten Sockel von aussen klar ablesbar. Hier liegen neben einem Fahrradgeschäft und einem Restaurant auch die Ateliers für Künstler und andere Kulturschaffende, während sich darüber insgesamt 66 teils zweigeschossige, zwischen 24 und 132 Quadratmeter grosse Wohnungen befinden. Letztere lassen sich leicht koppeln beziehungsweise teilen und damit mühelos an veränderte Nutzerbedürfnisse anpassen. Zugänglich gemacht werden sie von mittig im zweiten und fünften Obergeschoss angeordneten Erschliessungswegen. Diese sind über fünf begrünte Lichthöfe miteinander verbunden, die die Belichtung der bis zu 23 Meter tiefen Wohnungen übernehmen und zugleich feinsinnig gestaltete Räume für gemeinsame Aktivitäten bieten.
www.agrob-buchtal.de
www.ifau.berlin.heimat.de
www.heidevonbeckerath.com
www.deutsche-steinzeug.de