Globales Denken trifft auf lokales Handeln
Die JURA Management AG ist ein traditionelles, lokal stark verankertes Schweizer Unternehmen, dessen Firmengeschichte in Aarau im Jahr 1882 ihren Ursprung fand. 1996 erhielt die Gruppe eine Holdingstruktur und trat fortan als JURA Materials-Gruppe am Markt auf. Schliesslich wurde sie im Jahr 2000 Teil der internationalen CRH-Gruppe, was ihr neue Entwicklungsperspektiven eröffnete.
Interview mit Hannes Püschel und Joel Zürcher von Gabriela Röthlisberger
Als Gesamtlösungsanbieter denkt die JURA Materials-Gruppe Baustoffe ganzheitlich. Ihre Lösungen integrieren alle Phasen des Baustoffkreislaufs – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis zum Recycling. In Wildegg (AG) und Cornaux (NE) stellt sie ein breites Sortiment an Zementprodukten her. Andererseits baut sie lokale Rohstoffe wie Sand und Kies ab, um sie in ihren regionalen Werken zu verschiedenen Betonsorten zu verarbeiten. Das Belagswerk in Hasle (BE) liefert auch Asphaltlösungen.
Im Dienstleistungsbereich begleitet die JURA Materials-Gruppe ihre Kundschaft bei der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft und wirkt bei der umweltgerechten Verwertung und Deponierung ihrer Bauabfälle unterstützend. Zudem bietet ihr akkreditiertes Labor für Baustoffprüfungen (TCC) sein Fachwissen zur Prüfung und Optimierung von Betonbauprojekten an.
Die zentralen Funktionen der JURA Materials-Gruppe werden vom Hauptsitz respektive der JURA Management AG gesteuert, dessen Domizil in Aarau auf der Zurlindeninsel liegt – zum heutigen Zeitpunkt ein Naturschutzgebiet. War dies die Inspiration für die Firma, sich auf die Fahne zu schreiben, nachhaltige Gesamtlösungen rund um Baustoffe zu schaffen?
Hannes Püschel: Die JURA Materials-Gruppe blickt auf eine lange Geschichte zurück: Unsere erste Zementfabrik wurde 1882 in Aarau an der Aare zwischen dem Stadtteil Scheibenschachen und der Zurlindeninsel errichtet, um die Wasserkraft des Flusses für den Antrieb der Maschinen zu nutzen. Nach der Stilllegung der Fabrik in den 1930er-Jahren blieb die Insel im Besitz des Unternehmens, das dort in den 1960er-Jahren seinen heutigen Hauptsitz errichtete.
Die Jura Materials-Gruppe begann in der 2000er-Jahren, Nachhaltigkeit als Priorität zu betrachten. Das Produktportfolio wurde dahingehend verändert, dass bereits damals CO2-reduzierte Zemente produziert wurden. Fossile Brennstoffe durch alternative Brennstoffe zu ersetzen, war dann nur eine logische Konsequenz in der Nachhaltigkeitsstrategie. Die Erweiterung mit Transportbeton, Kies und Sand sowie das Engagement für die Kreislaufwirtschaft mit rezyklierten Gesteinskörnungen ermöglichen es uns heute, nachhaltige Gesamtlösungen anzubieten.
Wer nachhaltig handelt, formt die Zukunft und muss bereit sein, schon heute Verantwortung dafür zu übernehmen. Welche Strategien verfolgt das Unternehmen diesbezüglich?
Hannes Püschel: Die JURA Materials-Gruppe hat als Teil der CRH Group – eines der weltweit führenden Unternehmen in der Baustoffindustrie – feste Verpflichtungen und Fahrpläne für die Dekarbonisierung, die Kreislaufwirtschaft und das Wassermanagement festgelegt. Als Einzelpersonen, Fachleute und Unternehmen sind wir dafür verantwortlich, diese Verpflichtungen zu erfüllen. Wir sind bei innovativen und nachhaltigen Lösungen in vielerlei Hinsicht führend, sowohl innerhalb der Gruppe als auch auf dem Schweizer Markt.
Nachhaltigkeit geht Hand in Hand mit dem Thema Ressourcenschonung. In der Baustoffindustrie wird jede Menge Frischwasser, Land und Rohstoffe benötigt – ergo ist ein schonender Umgang mit den natürlichenRessourcen gefragt. Wie stellt sich die JURA Materials-Gruppe dieser anspruchsvollen Herausforderung?
Joel Zürcher: Das ist richtig – allein in der Schweiz werden für die Zementproduktion jährlich über fünf Millionen Tonnen Rohmaterial verarbeitet. Unser Ziel ist es, diesen Bedarf so weit wie möglich durch alternative Rohmaterialien zu decken. Bereits heute können wir im Zementwerk Wildegg rund 15 Prozent der primären Ressourcen durch den Einsatz alternativer Rohmaterialien einsparen. Gleichzeitig schonen wir damit das Deponievolumen in der Schweiz, denn bei der Zementherstellung entsteht kein Abfall.
Auch im Beton setzen wir auf Kreislaufwirtschaft: Ein wesentlicher Anteil besteht aus recyceltem Beton- und Mischabbruch. Damit tragen wir aktiv zur hohen Recyclingquote dieses Stoffstroms bei, die in der Schweiz derzeit bei rund 85 Prozent liegt. Unser mittelfristiges Ziel ist es, sämtliche Bauabfälle – also 100 Prozent – wiederzuverwerten.
JURA CEMENT, ein Unternehmen der JURA Materials-Gruppe, hat einen innovativen neuen Inhaltsstoff entwickelt: einen einheimischen kalzinierten Ton. Mit diesem und weiteren speziellen Rohstoffen wird der JURA-ECO3-Zement (LC3*) produziert. Welche Alleinstellungsmerkmale weist dieser auf?
Joel Zürcher: Unser JURA-ECO3-Zement wurde mit dem Ziel entwickelt, unserer Kundschaft ein leistungsstarkes Produkt mit deutlich reduziertem CO₂-Fussabdruck anzubieten. Die CO₂-Einsparung erreichen wir durch die Reduktion des Zementklinkeranteils – und den Einsatz sogenannter ergänzender zementartiger Materialien. In der Schweiz werden dafür traditionell etwa Schlacken aus der Stahlindustrie oder Flugasche aus Kohlekraftwerken verwendet. Diese Materialien sind jedoch nur begrenzt verfügbar. Beim JURA-ECO3-Zement ersetzen wir den Klinker durch kalzinierten Ton, der lokal in der Schweiz produziert wird. Das bringt gleich mehrere Vorteile: Wir machen uns unabhängig von CO₂-intensiven Industrien, setzen auf heimische Ressourcen und profitieren von kurzen Transportwegen. Gleichzeitig überzeugt der JURA-ECO3-Zement durch einen sehr niedrigen CO₂-Fussabdruck – bei gleichbleibend hoher Produktqualität und Performance.
Rohstoffe aus der Region, lokale Produktion – warum kann sich die JURA Materials-Gruppe derart viel Swissness leisten?
Hannes Püschel: Wir denken global, handeln jedoch lokal. Unsere Industrie ist traditionell stark in den Regionen verankert. Seit Jahren setzen sich unsere Teams dafür ein, Lösungen zu entwickeln, die den Import von Rohmaterialien vermeiden, was unser Engagement für nachhaltiges Handeln unterstreicht. Die Schweiz nimmt weltweit eine führende Rolle ein, wenn es um Innovation in der Baustoffindustrie geht. Dies erachten wir als hervorragende Gelegenheit, Forschungsergebnisse direkt in unseren lokalen Werken umzusetzen. Ein herausragendes Beispiel dafür ist unser Projekt zur Herstellung von kalziniertem Ton, bei dem wir lokalen Rohstoff aus unserer Tongrube in Cornaux verwenden. Mit dieser nachhaltigen Zementkomponente können wir den Import von Klinker-Ersatzmaterialien vermeiden. Der Einsatz von kalziniertem Ton als Klinkerersatz wurde vor Jahrzehnten in der Schweiz entwickelt, und JURA Materials nutzt diese Innovation heute, um in der Schweiz Zement zu produzieren, der einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Bauindustrie leistet.
Mitarbeitende sind die tragenden Säulen einer Firma und für deren langfristige erfolgreiche Laufbahn nicht unerheblich. Welche Werte und Prioritäten stehen für die JURA Materials-Gruppe diesbezüglich im Vordergrund?
Für die JURA Materials-Gruppe hat die Sicherheit oberste Priorität, und das Unternehmen verfolgt das Ziel «null Unfälle». Deshalb werden die Mitarbeitenden jährlich intensiv im Bereich Sicherheit geschult. Ein wichtiger Wegweiser im Alltag sind auch die 16 lebensrettenden Massnahmen und die Sicherheits-Checklisten.
Neben einem abwechslungsreichen und herausfordernden Arbeitsumfeld bietet die JURA Materials-Gruppe überdurchschnittliche Sozialleistungen und unterstützt aktiv die Entwicklung ihrer Mitarbeitenden, indem sie beispielsweise Weiterbildungen finanziert und Förderprogramme für junge Talente anbietet. Die Gruppe bildet auch Lehrlinge in verschiedenen Berufen, zum Beispiel Anlagen- oder Apparatebauer, Kaufmann und Produktionsmechaniker, aus.
Wie steht es um die Unternehmenskultur dieser traditionsreichen, lokal stark verankerten Schweizer Firma, die bald auf eine 150-jährige Vergangenheit zurückblicken kann?
Aus logistischen Gründen sind der Handel mit Zement und Beton sowie Recyclingdienstleistungen von der Globalisierung wenig betroffen – die Wertschöpfungskette findet hauptsächlich in der Schweiz statt. Die gemeinsame Kultur der verschiedenen Standorte der JURA Materials-Gruppe ist daher durch eine starke regionale Verankerung und eine grosse Nähe zum Kundenkreis sowie zu Partnern gekennzeichnet. Die aktuelle Herausforderung besteht darin, diese Kultur weiterzuentwickeln, um den technologischen Herausforderungen zu begegnen, die die Branche im 21. Jahrhundert erwarten, zum Beispiel der Kreislaufwirtschaft, der Dekarbonisierung und der Digitalisierung von Prozessen.
Schlagworte Digitalisierung und KI: Können Sie mir hierfür ein aktuelles Beispiel der Anwendung in der Baustoffindustrie nennen?
Hannes Püschel: Wir haben verschiedene Pilotprojekte am Laufen, zum Beispiel im Bereich des Qualitätsmanagements: Aufgrund der Datenmenge über die Leistung unseres Produkts und der Daten aus der Produktion können wir heute dank KI die Performance des Produkts in einem guten Rahmen vorhersagen. Das heisst aber auch, dass der Betonproduzent vorab schon weiss, welche Art von Produkt er erhält. So kann er Rezepturen optimieren, was wiederum Daten generiert. Diese Daten helfen zusammen mit denjenigen, die wir über das Produkt von den Sensoren in unseren Transportbetonlastwagen erhalten, dem Kunden, seine Baustellenführung in Bezug auf Zeit- und Ressourcenplanung zu optimieren, was die Sicherheit erhöht. Digitalisierung und KI sind Teil der Innovationskultur der JURA Materials-Gruppe, um unseren Kunden die besten Lösungen zu bieten.
Wie schätzen Sie die mittelfristige Zukunft der Baustoffindustrie ein?
Hannes Püschel: Die Herausforderungen sind bekannt – sie bergen aber auch ein enormes Potenzial. Nachhaltigkeit, Innovation, Dekarbonisierung, Digitalisierung – das sind alles spannende Themen, bei denen die Baustoffindustrie eine wichtige Rolle spielt. Wir blicken optimistisch in die Zukunft.
JURA Management AG
Zurlindeninsel 1
CH-5001 Aarau
Tel. +41 (0) 62 838 05 05
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www.juramaterials.ch