Die Lösung, mit einem Antrieb Türen automatisch per Handsender oder berührungslos zu bedienen, gewinnt aus unterschiedlichen Gründen an Bedeutung. Komfort, Hygiene und die demografische Kurve sind dazu die zentralen Stichworte. Das folgende Interview mit Albert Renz, der als Product Manager bei der Hörmann Schweiz AG tätig ist, vertieft diese Themen.
Das Thema Türen kann sehr alltäglich, aber auch sehr exklusiv angegangen werden. Als Kind steht man vor einer Tür und darf noch nicht rein. Man weiss auch nicht, was sich genau dahinter verbirgt. Die Tür markiert eine Pforte in eine andere Welt – mit Wunschträumen. Kennen Sie solche Situationen aus Ihrer Kindheit?
Ja, denn meine Eltern führten ein Lebensmittelgeschäft, das direkt an unsere Wohnung grenzte und über eine Verbindungstür zugänglich war. Egal, auf welcher Seite der Türe man sich befand – dahinter tobte das Leben in all seiner Vielfalt – entweder bei uns Kindern im Wohnzimmer oder dann bei den Kunden im Laden.
Und hinter der Türe gab es Leckereien?
Tatsächlich, während andere Kinder nach der Schule zum Kiosk gingen, um Süsses zu kaufen, gingen wir nach nebenan. Die Verbindungstür zum Geschäft war so gesehen unsere Tür zum Glück. Aber auch sonst war das Treiben im Laden immer spannend zu beobachten.
Eine Tür ist aber auch eine Ampel. Manchmal kommt man durch und manchmal nicht.
Das stimmt, das habe ich selbst schon als Kind im frühen Schulalter erlebt, als ich mit einer ansteckenden Krankheit für drei Wochen im Spital in Isolation musste. Die Türen waren abgeriegelt, nicht mal meine Eltern durften zu mir, und die Ärzte wie auch das Pflegepersonal sind nur mit Schutzanzügen rein. Sogar das Essen kam durch einen Lift! Ein krasser Kontrast zu meinem Zuhause, wo eigentlich jede Tür offen stand.
Im klassischen Haus trennt eine Tür unterschiedliche Funktionsräume. Heute bevorzugt man aber eher offene Raumsituationen mit fliessenden Übergängen. Eine Küche hat oft keine Türe oder Durchreiche mehr, sondern ist ein offener Kommunikationsraum. Küche, Ess- oder Wohnzimmer kommen ohne Türen aus. Ketzerisch gefragt: Braucht es heute noch Türen im Innenraum?
Da gibt es heute sehr unterschiedliche Ansichten. Letztlich entscheidet der Kunde, wie er seine Räume gestalten will beziehungsweise wie viele Türen er möchte. Die Frage lautet: Wo braucht es zwingend eine Tür und wo wäre es einfach gut, eine Tür zu haben? Auch bei einem klassischen Einfamilienhaus sollte dies schon in der Planungsphase geklärt sein, damit alle übrigen Gewerke ihre Arbeit rund um die Tür erbringen können. Bei Sanierungen ist es heute oft so, dass getrennte Funktionsräume durchbrochen werden, um mehr Raum zu erhalten. So will man – insbesondere beim Thema Küche – eine Atmosphäre schaffen, die einer offeneren Wohnkultur gleicht. Türen vor Toiletten, Schlaf- oder Kinderzimmern sind aber weiterhin beliebt. Schliesslich wird damit eine gewisse Intimität geschützt.
Was hat sich denn bei den Türen in Innenräumen verändert?
In der Schweiz setzt man im Innenbereich weiterhin in erster Linie auf Holztüren. Doch was früher einfach ein Holzbrett mit ein paar Zierleisten war, ist heute eine durchdachte Kombination aus Türrohlingen mit geeigneten Mittellagen, Deckplatten und hochwertigen Oberflächen mit Dämpfungs- oder Dichtungsprofilen, um die heutigen Anforderungen zu erfüllen. In einem Badezimmer kommen weitere Herausforderungen dazu. Beispielsweise darf das Spritzwasser von der Dusche oder der Badewanne nicht in die Holztüren eindringen, weshalb sogenannte Feuchträume entsprechende Oberflächen haben. Der Wohnungsbau verlangt heute zertifizierte und zugelassene Brandschutz- oder Fluchtweg-Türen, die einer Norm unterliegen und entsprechend gekennzeichnet sind.
Türen, die nicht mehr per Hand geöffnet werden müssen, kenne ich aus Krankenhäusern. Ihr Haus hat jetzt aber Lösungen auf dem Markt, die auch in privaten Räumen zum Einsatz kommen. Warum brauchen wir solche Lösungen in Privaträumen?
Komfort heisst hier das Stichwort. Wer technikaffin ist und bereits die Haustür per Funk, Smartphone oder Fingerscan öffnet, greift auch im Innenraum gerne darauf zurück. Aktuell ist auch das Thema Hygiene auf die Agenda vieler Kunden gekommen. Und nicht zuletzt geht es hierbei auch um barrierefreies Bauen und Wohnen.
Da wir als Gesellschaft immer älter und gebrechlicher werden?
Genau. Es braucht immer mehr Umbauten, die automatisierte Lösungen beinhalten. Ein barrierefreier Zugang kann – gerade beim betreuten Wohnen oder bei der Hilfe mit Spitex-Lösungen – einen wichtigen Beitrag leisten, damit Menschen im Alter länger in ihren eigenen vier Wänden bleiben können.
Seit März 2020 ist das Thema Corona noch dazugekommen. Spüren Sie das?
Absolut. Schliesslich geht es bei den Hygienemassnahmen nicht nur darum, Maske oder Handschuhe zu tragen. So gibt es Situationen, in denen man sich eine selbst öffnende Tür wünscht. Etwa im Restaurant, Laden oder in einer öffentlichen Toilette. Der Ekel-Faktor spielt hier eine grosse Rolle, und ich sehe viele Leute, die die Toilettentür mit dem Ellenbogen oder dem Fuss öffnen. Dabei wäre es so einfach: Man hält einfach seine Hand vor einen Sensor, der beispielsweise neben dem Seifenspender angebracht ist, und schon geht die Tür auf. Natürlich auch selbstständig wieder zu.
Das klingt verlockender.
Und ist es auch.
PortaMatic ist nicht neu auf dem Markt. Sind da nicht Lärmemissionen zu befürchten?
Nein, sogar beim Dreiflügelantrieb HDO300, der bis zu 600 Kilogramm Gewicht mitnehmen kann, hört man praktisch nichts vom Motor. Das gilt auch für die PortaMatic Innentürantriebs-Lösungen, die praktischgeräuschlos sind. Gerade in Hotels und Krankenhäusern kann man heute nicht mit ratternden Türen reüssieren.
Wie funktionieren solche Türen?
Bei klassischen Türschliessern wird die Tür von Hand aufgemacht und dank Federkraft schliesst die Tür danach wieder selbstständig. Der Dreiflügelantrieb funktioniert ähnlich wie der klassische Türschliesser, nur wird die Öffnung mit einem Elektromotor automatisch angetrieben. Ein Sensor – oder auch eine andere Ansteuerung – öffnet die Tür und hält sie für eine gewisse Zeit offen. Die Schliessung erfolgt wiederum über eine Antriebsfeder. Ein Stromausfall stellt übrigens kein Problem dar. Bei einer Brandschutztür funktioniert der Antrieb dann wie ein klassischer Türschliesser über die Federkraft. Bei Antrieben ohne Brandschutzanforderungen ist meist keine solche Feder eingebaut, sie bleibt dann aber in der entsprechenden Situation stehen. Wichtig ist: Bei allen automatisierten Türen muss eine Risikoanalyse erstellt werden und im öffentlichen Bereich muss die Tür entsprechend abgesichert sein.
Auch Hörmann spricht von Nachhaltigkeit. Jetzt hat man wieder einen zusätzlichen Stromverbraucher im Haus. Welche Argumentationsfigur setzen Sie dagegen?
Die Frage nach dem Stromverbrauch hören wir oft – auch bei den Garagentoren. Tatsächlich können wir entwarnen. Konkret: Mit energieeffizienten Bauteilen und LEDBeleuchtung haben wir dafür gesorgt, dass die Stromkosten für den PortaMatic unter vier Franken (bei fünf Türbewegungen (Auf / Zu) pro Tag, ohne Dauerlicht und einem Strompreis von 0.25 CHF kWh pro Jahr betragen. So sparen Sie Strom und auch Geld.
Wie sieht es mit dem Preis-LeistungsVerhältnis aus?
Was man automatisiert, kostet natürlich auch Geld. Gratis gibt es nichts. Aber: Die Akteure können im Vorfeld sparen, wenn sie optimal planen. Wir haben beispielsweise Architektenberater, die bei der Planung des Gebäudes helfen und aufzeigen, wie man eine Automatisierung konzipiert, beziehungsweise wo sich der Nutzen für den Mieter oder Käufer maximal entfaltet. Wer so sein Vorgehen optimiert und eine automatisierte Tür von Anfang an mit einplant, spart wertvolles Geld. Wer nachträglich eine Tür automatisieren muss, verursacht mehr Kosten.
Jetzt haben diese Türen auch keinen klassischen Schlüssel mehr. Wie ist das Thema Sicherheit gelöst?
Bei Zimmertüren im Einfamilienhaus sind Schlüssel meist eh kein Thema mehr und Badezimmer sowie Toiletten werden vielfach mit sogenannten Dreholiven (rot- / grün) und Badezellenschlössern ausgestattet. Bei Aussen- oder Objekttüren sind mechanische Schlüssel aber immer noch sehr häufig anzutreffen. Braucht es eine Zutrittskontrolle, kommen oft elektronische Lösungen zum Einsatz. Dabei gilt: Die Sicherheit ist nur so gut, wie der jeweilige Anwender mit der elektronischen Lösung umgeht. Biometrische Zutrittskontrollen erhöhen die Sicherheit, da sie nicht übertragbar sind. Die meisten Aussentüren werden aber noch mit einem klassischen Schlüssel ausgerüstet. Schliesslich funktioniert dieser bei Stromausfall immer!
Jetzt darf eine Tür aber auch keine Insellösung sein, oder? Wie kommuniziert sie mit Smart-Home-Lösungen?
Bei der Vielzahl an Smart-Home-Lösungen ist eine frühzeitige Planung wichtig. So müssen beispielsweise Lehrrohre bereits in der Rohbauphase entsprechend eingezogen werden, damit eine Tür die Türzustandsmeldungen abgeben kann. Auch muss jede Komponente – ob Riegelschaltkontakt, Öffnungsmelder oder A-Öffner am Kabel – korrekt beschriftet sein, damit diese am Hausleitsystem mit dem mitgelieferten Anschluss-Schema verdrahtet werden kann. Nur so ist das Hausleitungssystem dann auch mit allen angeschlossenen Komponenten im Haus «smart» verbunden.
Welche Marktanteile will Hörmann in den nächsten drei Jahren in der Schweiz erobern?
Als Tochtergesellschaft der Hörmann Gruppe ist die Hörmann Schweiz AG seit 1984 operativ tätig und – genauso wie in vielen anderen Ländern – vor allem durch ihre hochwertigen Garagentore anerkannt. Nun geht es uns darum, diese Bekanntheit auch im Bereich der Türen zu erlangen. Das heisst, wir streben in den einzelnen Produktsegmenten die Marktführerschaft an. Entsprechend nutzen wir unsere Chancen am Markt – mit einem gezielten Ausbau der Kompetenz unserer Händler, des Händlernetzes selbst wie auch mit Schulungen bei den Verkaufsberatern und dem Kundendienst. Wir verzichten dabei bewusst darauf, einen bestimmten Marktanteil als Ziel zu kommunizieren. Getreu dem Motto unseres Firmengründers August Hörmann: «Einen guten Namen muss man sich erarbeiten.» Dank der hohen Zufriedenheit – sowohl bei den Fachpartnern wie auch bei den Benutzern unserer Bauelemente – sehen wir sehr zuversichtlich in die Zukunft.