Das Fehlen der Verantwortung für die Betriebsoptimierung
Das Thema Energie ist bei Verantwortungsträgern in Unternehmen ganz oben auf der Agenda. Kein Wunder, die Preise steigen. Trotzdem gibt es immer noch viele, auch neue Gebäude, die mehr Energie verbrauchen, als eigentlich geplant war, und sich damit bei den anderen Gebäuden einreihen, die unsere Umwelt zu stark mit CO2 belasten.
Aber wie kommt es überhaupt zu dieser Situation? Wenn wir von grösseren Bauprojekten, Gewerbe- und Industriebauten sprechen, dann sind professionelle Bauherren, qualifizierte Fachplaner und grossartige Unternehmer am Bauprojekt beteiligt. Das Projekt wird nach unterschiedlichen Labeln gebaut – oder zumindest orientiert man sich daran. Die besten Voraussetzungen für ein zeitgemässes und nachhaltiges Gebäude sind also gegeben.
Unterschiedliche Zeitdimensionen
Warum ist eine Betriebsoptimierung trotzdem notwendig? Weil ein soeben fertiggestelltes Gebäude, bevor es in den regulären Betrieb übergeht, abgenommen und dem Bauherrn überreicht wird. Zu diesem Zeitpunkt sind weder sämtliche Möbel platziert, noch werden die Büros oder Wohnungen durch Personen tatsächlich genutzt. Es kann somit auch davon ausgegangen werden, dass die technischen Systeme nicht unter den realen Bedingungen funktionieren. Des Weiteren gibt es unterschiedliche Jahreszeiten und somit klimatische Bedingungen, die auf das Gebäude einwirken, und die eingebauten Systeme müssen entsprechend darauf reagieren respektive eingeregelt werden. Heutzutage ist ein Gebäude schnell gebaut, die Nutzungsdauer ist aber mit einigen Jahrzehnten viel länger. In dieser Zeit gibt es oft Änderungen in der Verwendung oder an den verschiedenen technischen Anlagen. Laufen die Systeme noch so, wie ursprünglich am Bürotisch geplant?
Fehlender Fokus
Bei der Planung und den Gesprächen zwischen Bauherrn und Fachplaner oder Generalplaner und Fachplaner geht es in der Regel um die grundlegenden funktionalen Ansprüche. Verständlicherweise ist das Fachwissen dieser Stakeholder unterschiedlich, weshalb auch das gegenseitige Verständnis oft fehlt. Aus diesem Grund kommt der Betriebsoptimierung, die sowieso erst nach der Abnahme und irgendwann später im Betrieb an Relevanz gewinnen wird, zu kurz oder gar nicht zur Sprache. Dieses kommende Optimierungsbedürfnis scheint im aktuellen Investitionsprojekt gar nicht in den Fokus zu passen und würde einen unnötigen, zeitraubenden Nebenschauplatz auftun. Oder aus Kostensicht betrachtet, betrifft es am Ende eine andere Kasse, ein anderes Budget als das Investitionsbudget selbst, was die Projektleitung ebenfalls beeinflussen kann, diesem Punkt wenig bis kein Gewicht zu schenken.
Diese Situation ist suboptimal. Damit der Betrieb effektiv optimiert werden kann, also Massnahmen ergriffen werden können, die den Stromverbrauch reduzieren und den Komfort verbessern, müssen die Systeme von Anfang an, also bereits im Investitionsprojekt entsprechend geplant und ausgeschrieben werden. Denn damit eine Fachperson eine Betriebsoptimierung in Betracht ziehen kann, braucht es zum einen Daten aus dem laufenden System, also Transparenz, und zum anderen ein System respektive Komponenten, die eine Betriebsoptimierung überhaupt zulassen.
Kollaborativer Ansatz
Wahrscheinlich ist es an der Zeit, moderne und zukunftsorientierte Modelle genauer anzuschauen, die durch kollaborative Bauprozesse geprägt sind. So gibt es die integrierte Projektabwicklung, bei der Werkgruppen im Phasenmodell integriert zusammenarbeiten – oder das Modell Integrated Project Delivery (IPD), das ebenfalls auf dem kollaborativen Ansatz aufbaut und gleich wie beim Werkgruppenmodell frühzeitig Hersteller und ausführende Unternehmen hinzuzieht, um vom breiten Fachwissen zu profitieren. So können die am Projekt Beteiligten unterschiedlichste Aspekte aus der Praxis gemeinsam betrachten und diskutieren. Das können Themen bezüglich Installation, Betrieb oder Instandhaltung sein, aber auch Themen wie Innovation und moderne Lösungen von Herstellern.