Eine Gebäudehülle und ihre Zutrittssysteme brauchen heute digitale Lösungen. Das ist theoretisch einfach gesagt, aber in der Praxis komplex und herausfordernd umzusetzen. Wir führten mit Verantwortlichen der dormakaba Schweiz AG ein Hintergrundgespräch. Konkret geht es um das Planungstool EntriWorX, das Gebäudereferenzbeispiel Millennium und um Fragen der Gebäudesicherheit. Last, but not least ist hier der Service ein wichtiger Punkt.
Der Schlüssel hat in vielen Religionen eine wichtige Bedeutung. Oft ist er das zentrale Werkzeug, um ins Paradies zu kommen. Der Schlüssel ist aber auch Symbol des Wissens und der Macht. Viele Städte und regionale Gebietskörperschaften führen ihn im Wappen oder in der Fahne. In der Schweiz sind dies die Kantone Genf und Nidwalden. In Deutschland hat beispielsweise Bremen den Schlüssel in seinem Wappen.
Schlüssel und die dazu gehörenden Schlösser haben aber auch im Alltag eine Bedeutung. Wir wollen uns und unsere Werte schützen und haben daher fast immer einen Schlüsselbund in der Tasche. Heute wird dies durch elektronische Badges und digitale Handylösungen ergänzt.
Jahrhundertelang waren Schlüssel rund und schwer. Der Grund der unhandlichen Länge war einfach: Türschlösser waren auf der Innenseite der Türen verbaut. So war es notwendig, den Schlüssel durch die oft dicken Türen zu stecken, um damit das Türschloss erreichen zu können. Mitte des 19. Jahrhunderts löste der Temperguss die Herstellung von Schloss-Einzelteilen durch die Handarbeit der Schmiede langsam, aber sicher ab, die Produktion wurde preiswerter und effizienter. Im 20. Jahrhundert wurden Schüssel in die fordistische Massenanfertigung von Schlössern integriert. Heute geht es immer noch um eine Massenanfertigung, die aber digital nach Mass produziert wird. Dabei gibt es geschützte und nicht geschützte Systeme. Die Kombinationsmöglichkeiten der Zuhaltungen moderner Systeme sind so hoch, dass bei geschützten Systemen von einer Einzelanfertigung gesprochen werden kann. Die modulare Bauweise solcher Systeme trägt zur Wirtschaftlichkeit bei.
Kleiner Rückblick
Ein Blick in die Geschichte ist oft hilfreich, um einen realistischen Blick in die Gegenwart und Zukunft werfen zu können. Das gilt auch für die digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf die Baubranche und Architekturszene. Schon im technologischen Optimismus der 1950er- und 1960er-Jahre spazierten Roboter durch die Haushalte und öffneten auch Türen und Tore. Der Fantasie und Euphorie waren keine Grenzen gesetzt, der technologischen Umsetzung aber schon. Die Datenflut konnte in den Computern, die gross wie Schlafzimmerschränke waren, aber aus heutiger Sicht unglaublich langsam agierten, nicht bearbeitet werden.
Die Siebziger- und Achtzigerjahre waren da sehr viel reservierter. Man sprach von den «Grenzen des Wachstums». Die Arbeit mit Computern überliess man Expert*innen. Man hatte immer noch nicht die Geschwindigkeit, um genügend Daten zu erfassen und verarbeiten zu können.
Ende der Neunzigerjahre standen auf den Tischen noch Röhrenmonitore und der Browser hiess Netscape. Einige Tech-Firmen pumpten aber jetzt eine Digital-Blase auf, die dann auch platzte. Die Geschäftsmodelle standen auf dem Prüfstand. Da entstand die Idee, mit unseren Daten Geld zu verdienen. Das war die erfolgreiche Geburtsstunde von Google, Amazon und Co. Jetzt hatte man auch die Geschwindigkeit, um hier zu neuen Hard- und Softwarelösungen zu kommen. Unser Alltag wurde vom analogen Kopf auf die digitalen Füsse gestellt.
Massen-, Nischen- und Übergangsmarkt
Das Thema vernetzte Häuser beschäftigt die Fachwelt schon seit mindestens zwei Jahrzehnten. Wir hörten damals von den
Zukunftshäusern von Bill Gates oder dem Zukunftsforscher Matthias Horx.
Wo stehen wir heute im Rahmen der digitalen Transformation?
Der Leiter Marketing & Produktmanagement Marcel Schmuki der dormakaba Schweiz AG beantwortet dies wie folgt: «Die Komponenten sind digitaler geworden, wenn ich das auf unsere Produkte fokussiere. Die Lösungen können mehr anzeigen und mehr analysieren. Das betrifft die Komponenten selbst. Im nächsten Schritt agieren die einzelnen Komponenten in einem IoT (Internet der Dinge)-Rahmen. Im dritten Schritt sind alle Komponenten verknüpft und kommunizieren miteinander.»
Sprechen wir von einem Massen- oder einem Nischenmarkt? Für Schmuki ist klar: «Wir sprechen von einem Übergangsmarkt.» Ohne Frage gibt es auch für Einfamilienhäuser Produkte im Angebot. Dort sind solche vernetzten Systeme aber die Ausnahme. In grossen Gebäuden hat sich aber in den letzten Jahren ein Massenmarkt entwickelt. Natürlich braucht man bei den Smart Buildings ein grösseres Budget und die Verantwortungsträger*innen haben meist eine Affinität zu digitalen Themen. Die Schweiz hat offensichtlich eine Vorreiterrolle inne. So sieht das auch Stefan Ammann, Geschäftsführer der dormakaba Schweiz AG: «Die Schweizer Bauindustrie ist sehr innovativ und weist einen hohen Entwicklungsstand auf – für die dormakaba ein idealer Erstmarkt, um neue Entwicklungen auf die Probe zu stellen und anschliessend global einzusetzen.»
Bei Zutrittsmanagement-Systemen ist das grosse Thema die Integration der Lösungen in eine Gebäude-App. So entsteht ein echter Mehrwert im Alltag. Da gilt es, zwischen den unterschiedlichen Seiten zu differenzieren. Es gibt einerseits die Nutzer*innen der Gebäude. Da geht es dann um Zutrittsberechtigungen und Hardware sowie die zugehörigen Schlüssel.
Dann gibt es auf der anderen Seite die Ausgangsfrage für Architekten und Investoren, wie sich Menschen in Gebäuden bewegen und welche Lösungen dann optimal sind. Als dritter wichtiger Punkt ist der funktionale Alltag zu erwähnen. Dabei geht es um Wartung, Fehleranzeigen oder Störungsprävention. Das Motto lautet hier: «Vom Monolog zum Dialog». Dabei ist wichtig, dass der Nutzen im Vordergrund steht. Es geht definitiv nicht um technologische Spielereien. Am Ende des Tages muss sich die Lösung betriebswirtschaftlich rechnen.
Die Wertschöpfungskette entlang
Digitalisierung sollte die gesamte Wertschöpfungskette umfassen. Beginnen wir bei der Planung. dormakaba hat hier eine Lösung auf den Markt gebracht. Mit dem EntriWorX Planner prüfen die Akteur*innen künftig die technische und betriebliche Umsetzbarkeit der Türen von Kund*innen und unterstützen die Planung mit funktionalen Türmodellen. So behalten die Kund*innen während aller Bauphasen den Überblick. Der Hintergrund liegt in klaren rechtlichen Vorgaben. Seit 2019 gibt es eine entscheidende Norm für Türsysteme: Alle Brandschutz-Aussentüren und alle Aussentüren mit Flucht- und Panikeigenschaften müssen seit 1. November 2019 nach der neuen Norm SN EN 16034 und EN 14351-1 in Verkehr gebracht werden. Aus diesem Grund braucht beispielsweise der Einbau eines Digitalzylinders eine Zulassung. Auch der Einbau eines Türschliessers ist für diese Türe nur erlaubt, wenn es dafür eine Zulassung gibt.
Der grosse Rahmen in der Planungsphase heisst BIM (Building Information Management).
Es braucht hier viele Planungstools, die ein Ökosystem ergeben und den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes begleiten. Die zentrale Frage bei der Planung lautet: Wie wird hier die Zutrittskontrolle konzeptioniert? Dann geht es um die erforderlichen Komponenten für die Türen und die Zutrittskontrolle, die bestellt werden müssen. Es geht konkret um die Wahl der Türtypen. Entsprechen die eigenen Vorstellungen den Normen oder sind Anpassungen nötig? Dann kommt die Phase der Installation, für die es auch eine Applikation braucht. Der letzte Schritt betrifft den Unterhalt und den Serviceplan. So schliesst sich ein Kreislauf.
Die Effizienzgewinne, die hier versprochen werden, lassen sich aber nur dann realisieren, wenn alle Beteiligten mitmachen. In den letzten Jahren gab es einige Bauwerke, die mit BIM geplant werden sollten. Dann musste man sich aber auf das Technikgebäude beschränken, da einige Handwerker gar nicht mit BIM arbeiten konnten.
Marcel Schmuki fasst zusammen: «Die Digitalisierung macht dann Sinn, wenn alle Beteiligten dabei sind und der Nutzen klar erkennbar ist. BIM ist am Anfang als Initial wichtig. Mit der Inbetriebnahme des Gebäudes tritt es eher in den Hintergrund. Wichtig ist, dass die Schnittstellen da sind und man so jederzeit andocken kann.»
Konkrete Planungslösung
Bei der Installation von Türlösungen und bei der Bewirtschaftung eines Gebäudes spielt der Datenfluss zwischen den einzelnen Beteiligten und Gewerken eine entscheidende Rolle. Mit dem EntriWorX Ecosystem hat dormakaba eine smarte Lösung entwickelt, die Architekten, Planer, Verarbeiter und Betreiber zukünftig in jeder Phase des Prozesses produktiver macht. So unterstützt das neue innovative EntriWorX Ecosystem kombiniert mit dem ganzheitlichen Produkt- und Lösungsportfolio von dormakaba smarte Planungsprozesse, einfache Installationsabläufe und den sicheren, reibungslosen Betrieb eines Gebäudes.
Die übergreifende EntriWorX-Lösung kombiniert umfassende Datenanalysen mit einer nutzerfreundlichen Handhabung der Türsysteme. Sie beinhaltet smarte Planungstools, eine EntriWorX Unit, die alle Produkte mühelos verbindet, die EntriWorX Setup App zur einfachen Inbetriebnahme und die Webapplikation EntriWorX Insights. Ob Brandschutz, Barrierefreiheit oder Zutrittskontrolle – die Planungstools verbinden alle relevanten Daten, verbessern den Austausch und vereinfachen die Zusammenarbeit über alle Gewerke und Partner hinweg. So stellt beispielsweise der EntriWorX Planner eine umfangreiche Türbibliothek zur Verfügung, aus der die jeweilig benötigten Türmodelle selektiert werden können. Das Ergebnis ist eine fertig geplante Tür, die dann in der Gebäudeplanung des Architekten oder Planers im Grundriss integriert werden kann. Für die Verarbeiter entstehen hier bereits detaillierte Installationspläne.
Die EntriWorX Unit als Herzstück der Lösung vernetzt die Türtechnik-Komponenten durch einfaches Plug-and-Play anstelle komplexer Verkabelung und unterschiedlicher Übertragungsprotokolle und ermöglicht die Inbetriebnahme von Türsystemen auf Basis einer einfachen App. Ist das Gebäude dann im Betrieb, können die Daten der verbundenen Türkomponenten an ein übergeordnetes System zur Steuerung der Prozesse im Gebäude übergeben werden.
Das Referenzbeispiel Millennium
Kommen wir zu einem konkreten Referenzbeispiel, dem Millennium. Es ist in erster Linie ein Ort zum Arbeiten, aber auf eine ganz besondere Art. Das wird schon mit der beeindruckenden Fassade deutlich.
Technisch gesprochen ist Millennium ein intelligentes Bürogebäude am Stadtrand von Lausanne. Mit dem Bau des Gebäudes realisieren die Bauverantwortlichen die Vision einer Hightech-Arbeitsumgebung, die sich durch Innovation, Effizienz und Nachhaltigkeit auszeichnet. Das Millennium bietet 1 500 Arbeitsplätze mit einem herrlichen Ausblick auf den Genfersee.
Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden heisst die Devise. Diskreter Luxus und exklusive Materialien treffen im Bürokomplex auf neuste Technologien. Sie alle stehen im Dienst der Mietenden. Die Nutzenden profitieren so von Automatisierungen, die für Komfort sorgen – sei es das Isolierglas der Fassade, welche sich an das Aussenlicht anpasst und so für einen blendungsfreien Arbeitsplatz sorgt, oder berührungslose Zu- und Übergänge im Gebäude. Aber auch dort, wo Automatisierungen nicht greifen, sind Schnittstellen zwischen den Gebäudesystemen wesentlich. So kann zum Beispiel in der Gebäude-App ein Sitzungszimmer gebucht und der Meeting-Raum durch einen digitalen Schlüssel in der App zur gewünschten Zeit geöffnet werden.
Das Millennium ist ein sehr modernes Gebäude mit unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten. Für André Marques, den Verkaufsleiter Westschweiz der dormakaba Schweiz AG, heisst dies: «Wir nehmen die Grundlage und Herausforderungen eines Fünf-Sterne-Hotels und transformieren sie in die Arbeitswelt. Ich kann Unternehmen in jeder Hinsicht einen grossen Komfort versprechen. Sie gehen dort arbeiten, können aber auch alle anderen Bedürfnisse erledigen. Ob es um Einkaufen, Kinderbetreuung oder Autowaschen geht: Es gibt die unterschiedlichsten Dienstleistungen in dem Gebäude.»
Ist das nicht ein Raumschiff Enterprise auf einem fremden Planeten? André Marques wählt ein anderes Beispiel «Einen anderen Hollywoodvergleich finde ich passender. Man erinnere sich nur an das Ausstattungsset eines James-Bond-Films. Es geht jetzt hier aber nicht um die berühmt-berüchtigten Oligarchen oder Scheichs von der arabischen Halbinsel. Beispielsweise hat sich die Zurich Versicherung eingemietet. Luxus kann auch bodenständig daherkommen.»
Im Millennium ist dormakaba ein Gesamtanbieter. Was heisst das, von welchen unterschiedlichen Themen sprechen wir? Die Antwort liefert André Marque: «Es geht um ein Zutrittsmanagement-System. Dieses ist sehr flexibel und skalierbar. So braucht die Zurich Versicherung Zutrittslösungen für ihre Büros. Das sind die Basics. Es gilt aber auch, auf besondere Lösungen vorbereitet zu sein. Beispielsweise gibt es in dem Gebäude ein Rechenzentrum, welches spezielle Schleusen hat. Zudem haben auch sehr technische Lösungen Designherausforderungen, beispielsweise die Farben der Türen. Hochwertigkeit ist im Millennium überall Standard.»
Schlüssel ist immer noch Schlüssel
Und was ist mit den Schlüsseln und Schlössern, mit denen dieser Beitrag begonnen hat? Es gibt sie immer noch. Ein Zylinderschloss und sein Schlüssel sehen auf den ersten Blick immer noch so aus wie eine Lösung vor 20 Jahren. Allerdings gilt es, neue Herausforderungen zu meistern. Deshalb fahren heute Roboter in den Produktionshallen, damit der Standort Schweiz wettbewerbsfähig bleibt. Denn die lokale Produktion punktet mit Lieferfähigkeit und Zuverlässigkeit.
Serviceleistungen als Gamechanger
Im Rahmen solcher Beiträge geht es viel um die technischen Möglichkeiten. Gerne wird dabei der Faktor Mensch vergessen. Ein Zutrittssystem muss, ohne Frage, funktionieren. Das aber ist für die Kund*innen eine Selbstverständlichkeit. Die Spreu trennt sich vom Weizen, wenn es um den Service geht. Gerade in disruptiven Zeiten wollen sich Kund*innen aufgehoben fühlen. Es geht um die Gewährleistung von Sicherheit. Es gibt bei der dormakaba Schweiz AG eine 24 / 7-Notrufnummer, aber auch das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Viel wichtiger sind die Kompetenzen der Profis, die dann auch zügig vor Ort sind. Worum geht es da? Bei der Hardware
kann es um Abnutzungsthemen gehen. Es gibt aber auch Unfälle oder fehlerhaftes Verhalten.
Die Kund*innen der dormakaba Schweiz AG profitieren von einer über 150-jährigen Erfahrung als Anbieter für Zugangs- und Sicherheitslösungen. Für Automatiktüren bieten die Verantwortlichen eine Rundumbetreuung. Das reicht von der schnellen Störungsbeseitigung über den sorgenfreien Wartungsvertrag bis hin zu Modernisierungen und Beratungsleistungen zu gesetzlichen Bestimmungen. Bei Managementsystemen kann man heute häufig mit Remote-Lösungen arbeiten, sonst ist das Vor-Ort-Sein die zentrale Devise. Der herstellerunabhängige Service für Automatiktüren umfasst neben Schiebetüren auch Karusselltüren, Drehtürantriebe, Glasschiebewände, Faltflügel- und Raumspartüren sowie Türschliesser und spezielle Türprodukte rund um die Themen Fluchtweg und Brandschutz.