Site icon bauRUNDSCHAU

Sonderanfertigungen Zwischen Präzision und Risiko

Huber Fenster AG / Thomas Telley

Autor: Stephan Speiser, B. Sc. Bauingenieur
Bild: Huber Fenster AG / Thomas Telley

Sonderanfertigungen sind faszinierend – bis etwas schiefgeht. Denn wo Standardsysteme enden, beginnt das Abenteuer der Einzelanfertigung. Aber Achtung, denn jedes Unikat birgt Risiken: thermische Ausdehnung, Feuchtigkeit, Tragverhalten, Steuerung. Besonders anspruchsvoll wird es, wenn man auf bauhistorisch wertvolle Substanz trifft – etwa bei den Schiebetüren im historischen Südtrakt des Zürcher Hauptbahnhofs. Sie zeigen exemplarisch, wie es funktioniert.

Achtung: Beim Planen solcher Konstruktionen genügt kein CAD-Schönbild. Entscheidend ist die konstruktive Vorsicht, das Verständnis physikalischer Zusammenhänge und Bauabläufe. Die Anbindung in bestehende Stuckaturen und die verschwindenden Stösse zwischen den unteren und oberen Gläsern sind komplex. Kleinste Details führen zu Mängeln im Betrieb, Schäden an der Mechanik und Undichtigkeiten. Diese Fehler entstehen früh im Prozess: Sobald Sonderkonstruktionen ins Spiel kommen, hilft Hoffen und Glauben, dass es irgendwie funktioniert, nicht. Wenn Sonderkonstruktionen erforderlich sind, dann heisst das, früh genug mit der Planung zu beginnen. Das braucht Zeit.

Wer eine Sonderanfertigung plant, konstruiert de facto einen Prototyp. Das heisst: Alle möglichen Einflüsse müssen antizipiert, dokumentiert und geprüft werden. Je spezieller die Lösung, desto wichtiger ist die Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern. Ein Prototyp ist keine Baustelle zum Lernen. Jede Annahme über Materialverhalten oder Belastung sollte durch Tests im Prüfstand bestätigt werden. Denn anders als bei Serien-produkten gibt es bei Sonderanfertigungen keinen Erfahrungswert – jeder Fehler wird teuer und das muss nicht sein. 

Metallbau ist ein sehr flexibles Gewerk. Spezialanfertigungen sind häufig. Aber eine Sonderanfertigung, beispielsweise ein von Grund auf neu konstruiertes Türsystem wie im Hauptbahnhof Zürich, ist die Königsdisziplin des Metallbaus – technisch spannend, ästhetisch anspruchsvoll, aber auch voller Fallstricke. Dies gelingt nur mit Sorgfalt, Geduld und Respekt vor Material und Bestand. Und mit der Einsicht: Perfektion beginnt nicht in der Werkstatt, sondern in der Planung mit genügend Vorlauf.

Stephan Speiser B.Sc. Bauingenieur Gebäudehülle HSLU
Geschäftsführer / Inhaber Speiser Metallbauplanung GmbH

Die mobile Version verlassen