Holzbauingenieure haben heute eine Scharnierfunktion beim Thema Holzbau. Sie agieren auf Augenhöhe mit den Architekten, Investoren und Generalplanern. Das folgende Interview belegt dies am Beispiel des Holzhochhausbaus auf dem Suurstoffi (Baufeld 1) in Rotkreuz.
Sie sind als Holzbauingenieur im Rahmen des Holzhochhausbaus auf dem Suurstoffi in Rotkreuz beteiligt. Da mussten Sie vermutlich schon in der Phase des Wettbewerbs Überzeugungsarbeit leisten. Beim Thema Holz und Hochhaus haben doch sicher noch einige Leute ein Fragezeichen im Kopf?
Das kommt ganz auf die Branche und die Unternehmen an. Der Investor und hier konkret die Bauherrschaft haben da keine Bedenken mehr. Wir haben für die Zug Estates AG schon vor einigen Jahren ein viergeschossiges Vier-Stern-Hotel mit dem Baustoff Holz bauen dürfen. Da muss prinzipiell niemand mehr überzeugt werden. In der Phase des Wettbewerbs sind die Architekten auf uns zugekommen, da der Bauherr und Investor voll auf die Karte Nachhaltigkeit setzen wollte. In solch einer dynamischen Aufbruchsituation sind wir schnell zu einem Ergebnis gekommen: Dann lass uns mal etwas Besonderes probieren – ein Holzhochhaus.
Wie kommen Holz und Beton optimal zusammen, wie sehen die Herausforderungen aus?
Bei diesem Projekt ist das gesamte Untergeschoss betoniert. Zudem gibt es den Gebäudekern mit Liftschächten, Treppenhäusern und Installationsschächten aus Beton. Das wird vom Bauingenieur berechnet und vom Baumeister ausgeführt. Wir, als Holzbauingenieure, haben dann die Stützen in Holz geplant, die Unterzüge an der Fensterfront und die Holz-Beton-Verbunddecken. Die Fassade ist dann eine voll verglaste Lösung mit aussen liegenden Metallrippen.
Wie kommen nun aber Holz und Beton zusammen?
In den Beton haben wir Schweissgründe eingelegt. Das sind Stahlplatten, mit drei Zentimeter dicke, auf Ankerdollen. Der Holzbauer kann dann die Stahlwinkel aufschweissen. Auf diesen Stahlwinkeln sind die Beton-Holz-Verbunddecken aufgelegt.
Das hört sich komplex an.
Nicht unbedingt. Die Technik haben wir im Griff. Es geht ja hier um sehr genaue Lösungen. Da darf es maximal drei Zentimeter Abweichung geben. Das ist aber nicht die zentrale Herausforderung. Es geht eher um unterschiedliche Kulturen, die uns zu schaffen machen. Die Beteiligten kommen aus unterschiedlichen Bauwelten und sprechen unterschiedliche Sprachen. Da braucht es Übersetzungskompetenzen, die die Beteiligten schon im Vorfeld auf dem Schirm haben müssen, sonst kann es zu bösen Überraschungen kommen.
An dem Projekt wird auch mit BIM gearbeitet. Wie sind Sie hier eingebunden und wo lagen die Herausforderungen?
Ja, das war mit eines unserer ersten BIM-Projekte. Die Expertinnen und Experten der Firma Kaulquappe haben den Part des BIM-Managers übernommen. Wir haben dann vom Architekten das Modell erhalten und haben dort unser Tragwerk und die Bauteileigenschaften eingetragen. Der Holzbauer hat dann daraus seine Werkplanung entwickelt. Die Statik lag noch in Papierform vor.
Da gibt es noch Luft nach oben?
Sehr positive Erfahrungen haben wir im Brandschutz gemacht. Dort war die Effizienzsteigerung am offensichtlichsten, da man alle Eigenschaften im Modell erfassen und daraus Pläne generieren konnte.
Brandschutz ist für viele Laien beim Thema Holz immer noch ein ganz grosses Thema. Welche Lösungen werden hier umgesetzt?
Es gibt über das ganze Gebäude verteilt eine Sprinkleranlage. Das wird in der Schweiz sehr hoch bewertet. Daher dürfen wir die Stützen und Rippen in Holz weiter sichtbar lassen. Sichtbare flächige Bauteile in Holz sind baupraktisch kaum möglich (RF2, zum Beispiel Eiche, wäre erlaubt), aber lineare Lösungen kann man in der Schweiz problemlos aus normalem Nadelholz realisieren. Da gibt es klare Regelungen. Und dann geht es noch um einen Zeitfaktor. Hier ist es um die 60 Minuten Abbrand, die die Konstruktion zusätzlich zur Sprinklersicherheit halten muss.
Inwieweit ist das Gebäude ein Leuchtturmprojekt für die Zukunft?
Wir müssen uns hier alle anstrengen, denn die europäische Baubranche schaut auf uns. Auf der Seite der Bauherrschaft ist es sicher vorbildlich, wie die Zug Estates AG es planerisch hinbekommen hat, solch ein Bauwerk in Holzbauweise nicht teurer wie eine klassische Glas-Stahl-Beton-Konstruktion werden zu lassen. Die Nachhaltigkeit ist sicher bei Holz ein weiteres wichtiges in die Zukunft weisendes Argument. Wir sammeln hier Erfahrungen – insbesondere auch bezüglich der vernetzten und kurzen Realisierung, die wir in kommende Projekte einbringen können.