Grenzregionen als Einheit zu betrachten und entsprechend neu zu definieren, stellt für Architektur, Politik und Kultur heute eine wesentliche Herausforderung dar. Die Ausstellung «Two Sides of the Border» präsentiert Forschungsergebnisse und Entwürfe einer akademischen Initiative, die 2018 von der mexikanischen Architektin Tatiana Bilbao ins Leben gerufen wurde.
Was wäre, wenn wir die USA und Mexiko nicht länger als zwei getrennte Staaten betrachten, sondern uns stattdessen mit ihrer gemeinsamen Geschichte, Kultur und Wirtschaft auseinandersetzen und sie als Teile einer einzigen Region auffassen würden? Im derzeitigen politischen Klima werden vor allem die Unterschiede zwischen beiden Seiten der Grenze betont, die Migration steht im politischen Diskurs an erster Stelle, und das North American Free Trade Agreement (NAFTA) wird als United States- Mexico-Canada Agreement (USMCA) neu verhandelt. Vor diesem Hintergrund macht sich die Ausstellung «Two Sides of the
Border» auf die Suche nach einer dringend benötigten neuen Perspektive.
FOTOESSAY UND NEUE GEOGRAFISCHE KARTEN
Anhand von Zeichnungen, Bildern und Modellen werden interdisziplinäre architektonische
und städtebauliche Entwürfe von 13 Architekturfakultäten aus Mexiko und den USA vorgestellt. In ihren Arbeiten setzen sich die Teilnehmer mit Themen wie Migration, Wohnen oder natürliche Ressourcen auseinander und betrachten die Region dabei vorrangig als gemeinsamen Raum und nicht als zwei getrennte Staaten. Neben einem Fotoessay von Iwan Baan beleuchten neue geografische Karten von Thomas Paturet interessante
räumliche Beziehungen in der Grenzregion zwischen Mexiko und den USA, die durch zahlreiche kulturelle und wirtschaftliche Gemeinsamkeiten sowie
eine gemeinsame Geschichte geprägt ist.
DREI PERSPEKTIVEN
Die Ausstellung «Two Sides of the Border» nähert sich dem Thema in Form eines Atlasses an, der über die selektive Darstellung des Raums und die Definition von Regionen ein differenziertes Bild erzeugt. In diesem neuen Atlas werden drei Perspektiven vorgestellt, eine projektive, eine objektive und eine subjektive:
• Der projektive Atlas präsentiert Arbeiten der 13 Fakultäten, die interdisziplinäre Ansätze verwendeten, um Projekte zu untersuchen, die sich mit grenzüberschreitenden Fragen befassen wie der Migration oder der landwirtschaftlichen Arbeit in Ohio und Kansas.
• Der objektive Atlas zeigt neue geografische Karten von Thomas Paturet, denen die Annahme zugrunde liegt, Karten hätten die Macht, die Grenzen in Nordamerika aufzulösen, indem sie den Schwerpunkt auf andere räumlich- geografische Beziehungen legen. Gezeigt werden zudem historische Karten, aus denen die zahlreichen Grenzverschiebungen in der Region in den letzten 400 Jahren zu sehen sind, wodurch die kollektive Vorstellung der Grenze ins Wanken gerät.
• Der subjektive Atlas besteht in einem Fotoessay des Fotografen Iwan Baan, der die Orte, an denen sich die einzelnen Studios befinden, bereiste und die landschaftlichen Veränderungen
sowie die Rolle der Architektur in den regionalen Beziehungen in seinen Bildern festhielt.
«Two Sides of the Border» möchte zu einem neuen Verständnis der Grenzregion beitragen
und ist gleichzeitig ein Gemeinschaftsprojekt, das die nordamerikanische Lehre neu definiert. Die Initiative überbrückt fliessend Sprachen, Grenzen, Institutionen und Nationalitäten, denn ihre Grundlage ist das gemeinsame Interesse an der Entwicklung einer umfassenden und einheitlichen Wahrnehmung der Region.
VON MEXIKO NACH BERLIN
Die Ausstellung wurde von der in Mexico City lebenden Architektin und Pädagogin Tatiana Bilbao initiiert und konzipiert und von Nile Greenberg, NILE, New York, gestaltet und kuratiert. Sie wird ermöglicht durch die Unterstützung der Galerie der Yale School of Architecture Gallery, in der sie ursprünglich zu sehen war. Vom 16. März – 25. April 2019 präsentiert nun
das Aedes Architekturforum die Ausstellung, eine unabhängige und international erfolgreiche
Institution in der Kommunikation von zeitgenössischer Architektur und Stadtplanung. Durch ein breites Spektrum von Veranstaltungen und begleitenden Debatten zu tagesaktuellen Themen erweist sich das Aedes Architekturforum als eine dynamische Plattform, die die Interessen von Protagonisten aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern anspricht.