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Zweitwohnungsinitiative auf dem Prüfstand

Daniel Steffen ist Dozent für Immobilienökonomie an der Hochschule Luzern.

Pünktlich zu ihrem zehnten Geburtstag steht die Zweitwohnungsinitiative (ZWI) wieder im medialen Interesse. Dies ist allerdings nicht (nur) dem runden Geburtstag geschuldet, sondern einer regelrechten Preisexplosion bei Ferienwohnungen im letzten Jahr: Um satte 12.8 Prozent stiegen die Preise in touristischen Gemeinden, während Eigenheimpreise schweizweit «lediglich» um sechs Prozent zunahmen. Dabei sah es in den ersten Jahren nach der Annahme der ZWI alles andere als nach einem Preisanstieg aus. Immobilienpreise in Gemeinden, die von der ZWI betroffen sind, lagen zeitweise rund 20 Prozent tiefer, als dies ohne die Regulierung der Fall gewesen wäre. Wie ist es im letzten Jahrzehnt von einem Preiseinbruch zu einer Preisexplosion gekommen?

Ironischerweise hat die ZWI zunächst eine panikartige Flut an Bauvorhaben ausgelöst: Baulandbesitzer wollten unbedingt noch Wohnungen erstellen, bevor die ZWI deren Nutzung einschränkt. Baubewilligungen für Ein- und Mehrfamilienhäuser erreichten rund um die ZWI-Abstimmung in betroffenen Gemeinden entsprechend Rekordwerte. Zeitweise vervierfachte sich die Anzahl an Baubewilligungen gegenüber dem langjährigen Durchschnitt. Auch wenn nicht all diese Bauvorhaben realisiert werden konnten, dürfte also trotz des verordneten Baustopps ausgerechnet ein Überangebot für tiefere Preise in der Alpenregion gesorgt haben. Hinzu kamen allerdings auch eine rechtliche Unsicherheit bis zur definitiven Umsetzung des Zweitwohnungsgesetzes und eine von der ZWI ausgelöste Dämpfung der Wirtschaftsaktivität, welche die Nachfrage nach Wohnraum hemmten.

Inzwischen hat sich der Wind gedreht. 2020 waren Wohnimmobilien in den betroffenen Gemeinden wieder genauso teuer, wie sie dies ohne ZWI gewesen wären. Im letzten Jahr sind die Preise, wie oben beschrieben, regelrecht explodiert. Zwei Faktoren führen zu diesem starken Preisanstieg. Einerseits schränkt die ZWI das Wohnungsangebot markant ein. Andererseits sorgt die Corona-Pandemie für eine erhöhte Nachfrage nach Wohnraum in den Bergen. Ein eingefrorenes Angebot bei gleichzeitig steigender Nachfrage führt unweigerlich zu starken Preisanstiegen.

Auch in Zukunft dürften die Preise weiter ansteigen – wenn auch nicht mehr ganz so stark wie im letzten Jahr. Denn das Angebot an Wohnraum bleibt durch die ZWI knapp und die Nachfrage dürfte durch vermehrte Home-Office-Möglichkeiten solide bleiben. Entsprechend müssen Einheimische entweder mit der überregionalen Nachfrage konkurrenzieren oder aber es kommt zu einer neuerlichen Zersiedelung durch neu erstellte Erstwohnungen. Da das revidierte Raumplanungsgesetz den Spielraum für eine Ausweitung des Wohnungsbestandes einschränkt, dürfte das Szenario mit weiter steigenden Preisen, auch für die einheimische Bevölkerung, wahrscheinlicher sein. Die ZWI wird damit ihre beiden Versprechen – Zersiedelungsstopp und bezahlbaren Wohnraum für Einheimische – auch im zweiten Jahrzehnt nach der Annahme kaum einhalten können.

Entsprechend drängt sich die Frage auf, ob es nicht alternative Instrumente gäbe, um die Ziele der ZWI zu erreichen. Ein naheliegendes Instrument könnte etwa die Besteuerung von Zweitwohnungen sein. Diese könnte die Nachfrage nach Ferienwohnungen dämpfen, würde den Gemeinden aber in Form von Steuereinnahmen gleichzeitig auch etwas zurückgeben. Zudem kann eine Steuer den unterschiedlichen Realitäten in den Gemeinden besser nachkommen als ein starres Verbot. Auch wenn eine Besteuerung ihre eigenen Schwächen hat (was wäre die optimale Steuerhöhe?), scheint eine ernsthafte Prüfung der Idee lohnend.

www.hslu.ch

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