Das HoHo Wien ist nicht nur eines der höchsten Holzhäuser der Welt. Es ist vor allem ein Leuchtturmprojekt für nachhaltigen Holzbau. Bei Wärmedämmung, Ressourcenschonung, Energieeffizienz und Schallschutz gleichermassen leistungsstark, wurde es mit LEED Gold und ÖGNB (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) Gold ausgezeichnet. Auch 6 000 Quadratmeter solierglas, verarbeitet mit Super Spacer Warme Kante Abstandhaltersystem von Edgetech, leisten einen Beitrag.
Von der Wiege bis zur Wiege bedeutet in seiner Reinform, dass Rohstoffe in einem durchgehenden biologischen oder technologischen Kreislauf wiederverwendet werden, ohne umweltschädliche Stoffe und Abfälle zurückzulassen. Die Bauindustrie gehört zu den Branchen, in der dieses Prinzip derzeit am intensivsten diskutiert wird. Und dafür gibt es Gründe. Geschätzte acht Prozent des globalen CO2- Ausstosses entstehen bei der Zementproduktion. Wäre die Zementindustrie ein Land, sie läge hinter China und den USA auf Platz 3 bei den CO2-Emissionen. Die Hälfte davon entsteht während des Prozesses, dieser Anteil könnte also auch nicht durch die Produktion mit regenerativ erzeugter Energie auf null gebracht werden. Weltweit verschlingt der Bauboom den grössten Anteil natürlicher
Ressourcen, und in der Folge stellen mineralische Bau- und Abbruchabfälle auch den
grössten Abfallstrom dar. Natürliche Baustoffe wie Sand und Kies werden knapp, und
der unkontrollierte Abbau bringt vielerorts erhebliche Umweltfolgen mit sich.
Das beste aus zwei Welten
Vielen Architekten gilt der nachwachsende Rohstoff Holz als eine der zentralen Stellschrauben, um den CO2-Ausstoss der Baubranche zu senken. Zum einen ist Holz ein
natürlicher Kohlendioxid-Speicher. Darüber hinaus wird bei der Verarbeitung deutlich
weniger Energie benötigt als bei der Herstellung von Zement und Stahlbeton. Nachhaltig
angebaut und recyclebar verarbeitet, ist Holz ein wertvolles Rohstoffdepot im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips.
Im 22. Wiener Bezirk steht eines der höchsten Holzhäuser der Welt kurz vor der endgültigen Fertigstellung. Das HoHo Wien, entworfen vom Büro Rüdiger Lainer und
Partner, wird zum Wahrzeichen eines der grössten Stadtentwicklungsprojekte Europas,
der Seestadt Aspern. Der dreiteilige Hauptkomplex besteht aus dem 84 Meter hohen Turm mit 24 Geschossen. Zwei weitere Türme mit 15 und neun Geschossen sind angedockt, sodass die Gebäude sich gegenseitig stützen. Hinzu kommt das sechsgeschossige Nebengebäude HoHo Next. Auf dem HoHo-Wien-Areal mit 19’500 Quadratmetern Mietfläche finden ein Hotel sowie Restaurants, Büros, Serviced Apartments und ein Fitnessbereich Platz. Das HoHo Wien wurde als Holz- Beton-Hybrid errichtet. Aus Gründen des Brandschutzes besteht das Gebäudeinnere aus einem massiven Stahlbetonkern,
in dem sich Treppenhaus, Aufzüge und Versorgungsschächte befinden. Um den Betonkern herum sind seriell vorgefertigte Massivholzkonstruktionen angeordnet. Wegen der Brandschutzauflagen wurde die Holzfassade zusätzlich mit Eternitplatten aus natürlichen Rohstoffen verschalt. Die Wandund Deckenelemente aus Fichtenholz blieben im Inneren unverkleidet und behalten ihren intensiven, sinnlichen Holzcharakter.
Alles in allem erreicht das HoHo Wien ab dem Erdgeschoss einen Holzanteil von fast
74 Prozent und spart laut Caroline Palfy, Projektentwicklerin und Geschäftsführerin der cetus Baudevelopment GmbH, gegenüber einem konventionell errichteten Gebäude derselben Nutzungsart und Grösse 2 800 Tonnen CO2-Äquivalente ein. Hinzu kommen die kurzen Transportwege, denn das Holz stammt ausschliesslich aus nachhaltig bewirtschafteten, heimischen Wäldern; eine der Voraussetzungen für die LEED-Zertifizierung in Gold. Caroline Palfy erklärt: «Der gesamte Holzverbrauch für das HoHo Wien wächst in nur einer Stunde und 17 Minuten in österreichischen Wäldern nach. Von den in Österreich jährlich nachwachsenden 30 Millionen Kubikmetern Holz werden 26 Millionen Kubikmeter genutzt. Die restlichen vier Millionen Kubikmeter verbleiben im Wald und vergrössern stetig den Holzvorrat. Das bedeutet, dass in jeder Sekunde ein Kubikmeter Holz nachwächst.»
Beeindruckendes Teamwork
Ursprünglich waren raumhohe, zweiflügelige Fensterelemente geplant. Die statischen
Anforderungen an Schlagregendichtigkeit und Windfestigkeit erforderten jedoch ein
Umdenken, und so entwickelte der Fensterbauer Katzbeck in Zusammenarbeit mit
Holzforschung Austria eine Lösung aus zweiflügeligen Fichtenholz-Aluminiumfenstern
mit Pfosten, Absturzsicherung und geteilter Unterlichte. Rund 1 100 Dreifach-
Wärmeschutzglaseinheiten mit UNIGLAS Top pure FLS lieferte Petschenig glastec GmbH aus Wien für die Fassaden. Aus schalltechnischen Gründen ist die aussenliegende Scheibe Verbundsicherheitsglas, die innere Einscheibensicherheitsglas. Als Warme Kante wählte Hanspeter Petschenig Super Spacer T-Spacer Premium Plus. Die Isolierverglasung erreicht damit einen aus wärmeenergetischer Sicht hervorragenden Ug-Wert von 0.5 W/m²K, und
der Glasrandverbund punktet mit einem Psi- Wert von 0.033 W/m2K. Der Uw-Wert für
das gesamte Fenster beträgt 0.78 W/m2K, der Gesamtenergiedurchlassgrad 49 Prozent.
Der nächste Vorfertigungsschritt erfolgte bei Hasslacher Norica Timber, wo die Fenster in die Wandelemente aus Brettsperrholz eingefügt wurden, bevor Generalunternehmer Handler die Endmontage des kompletten Fassadenaufbaus übernahm. Just in time wurden die Wandelemente angeliefert, mit dem Kran hochgezogen und montiert. Der U-Wert von 0.182 W/m2K der mit Eternit verkleideten, opaken Wandelemente spiegelt ebenfalls die guten Wärmedämmeigenschaften des Gebäudes wider.
Wirtschaftlich und Zeitsparen
Auftrieb erhält der internationale Holzhochhausbau derzeit durch intelligente Fertigteil-
Baukastensysteme. Auch das modulare Konstruktionsprinzip des HoHo Wien besticht
durch seine Einfachheit. Der hohe Wiederholgrad einiger weniger Massivholzbauteile
bietet neben der Kostensicherheit den Vorteil kurzer Bauzeiten, denn sie können
witterungsunabhängig seriell vorgefertigt werden. Die Tragwerksplaner von RWT Plus unter Leitung von Richard Woschitz entwickelten speziell für das Hoho Wien einen Systemknoten, der die vorgefertigten Elemente Holz-Beton-Verbunddecke, Holzsäule, Unterzug und Wandelement formschlüssig zusammenfügt – weitestgehend ohne metallische Verbindungen, denn Schweissarbeiten verbieten sich in einem Holzhaus quasi von selbst.
Auch die aufwändigen technischen Vorprüfungen in puncto Brandschutz, Schallschutz
und Windsoglasten sind wegweisend für Nachfolgeprojekte. Laut Holzforschung Austria
halten sowohl Fensterkonstruktion und Wandelement Windlasten von 4 425 Pa problemlos
stand. «Die Frage, ob man einen thermisch getrennten Fenster-Randverbund, also eine Warme Kante, verbauen soll, stellt sich bei einem Nachhaltigkeitsprojekt wie dem Hoho Wien selbstredend nicht», erklärt Hanspeter Petschenig, Geschäftsführer der Petschenig glastec GmbH, «so geringe Wärmedurchlasswerte wie im HoHo Wien lassen sich auf andere Weise nicht erreichen.» Der makellose, dichte Randverbund reduziert im Zusammenspiel mit dem flexiblen Material auf Basis von Silikonschaum darüber hinaus die Belastung durch Pumpeffekte und die hohen Windlasten in 84 Metern Höhe. Spannungsrisse der Dichtung sind praktisch ausgeschlossen. «Das HoHo Wien ist wegweisend bei Energieeffizienz und Ressourcenoptimierung. Wir sind stolz, mit unserem Edgetech Super Spacer einen Beitrag
leisten zu können», sagt Joachim Stoß, Geschäftsführer der Edgetech Europe GmbH
und Vice President International Sales bei Quanex. Für die Isolierglasfertigung bieten
flexible Spacer aber auch aufgrund der Kostenaspekte enorme Vorteile. Bei Petschenig glastec GmbH in Leopoldsdorf werden die Super Spacer Abstandhalter robotergesteuert
und auf den Millimeter genau von der Rolle appliziert. «Unsere automatisierte Isolierglaslinie garantiert, dass wir termingerecht und wirtschaftlich produzieren
können», so Hanspeter Petschenig.