Das Aedes Architekturforum Berlin zeigte im ersten Halbjahr 2020 die Ausstellung «Arctic Nordic Alpine». Diese widmete sich zeitgenössischer Architektur in gefährdeten Naturlandschaften und beleuchtete den Einfluss baulicher Eingriffe in die Landschaft, die durch extreme klimatische Bedingungen gekennzeichnet ist. Präsentiert wurden wegweisende Projekte des international renommierten Architektur- und Designbüros Snøhetta.
Naturlandschaften, ob in Norwegen oder dem Alpenraum, wirken wild, sind aber sensible Ökosysteme. Sie haben eine wechselvolle Geschichte. Sie hatten in der Geschichte der Menschheit schon sehr viele unterschiedliche Funktionen und Bedeutungen. Noch vor 200 Jahren hatten die Bergwelten etwas Bedrohliches. Sie waren ein menschenfeindliches Gebiet. Wer die Alpen oder norwegischen Gletscher überqueren musste, hangelte sich auf Saumpfaden von Schutzhütte zu Schutzhütte. Diese klebten an den Berghängen und die Architektur war nur dazu da, einen Raum für Schutz zu gestalten. Später siedelten sich dann auch vermehrt Menschen im Alpenraum an. Das Leben war aber hart. Der Boden gab nicht viel her und der Nachwuchs wurde als Verdingkinder in reichere Regionen wie dem Bodenseeraum geschickt. Die Höfe stopften schlicht nicht viele Mäuler. Entsprechend sah auch die Architektur der kleinen Bauernhöfe aus. Sie war schlicht und funktional gehalten. Für reiche Europäer entwickelte sich der Alpenraum im 19. Jahrhundert dann zu einer Herausforderung. Alle Gipfel mussten erobert werden und damit begann sich im 20. Jahrhundert der Skitourismus zu entwickeln. Die ehemaligen Bergbauern setzen ihre Bauernhöfe und Kühe als Kulisse ein und verdienten mit dem winterlichen Massentourismus viel Geld. Die Speerspitze dieser Entwicklung können wir in Ischgl beobachten. Im Ballermann der Alpen lassen enthemmte Wohlstandstouristen die Sau raus. Etablissements wie die «SchatziBar» oder im «Kitzloch» sind in Wohnbunker aus Beton eingebettet, die sehr professionell dazu dienen, den Feierwütigen möglichst schnell und unauffällig das Geld aus der Tasche zu ziehen1. Ischgl – seit diesem Frühjahr bekannt als «Corona-Hotspot» steht nun vermutlich am Ende einer Entwicklung. Was daraus folgt, bleibt aber abzuwarten. Die Macherinnen und Macher der Ausstellung wollen an diesem historischen Wendepunkt andere Zeichen setzen. Es geht um den Versuch, Klima, Ökologie und Architektur wieder zu versöhnen.
Der Wunsch, autenthisch zu gestalten
Wie Felsen ragen diese Objekte dem Himmel entgegen. Modern, abstrakt und eingebettet in die Natur erfüllen Berghütten ihre Zwecke für Berggänger. Die grössten Herausforderungen für Planer und Architekten scheinen heute in den Städten und Ballungsräumen zu liegen. Snøhetta erwartet jedoch, dass die Belastung durch den Menschen auch ausserhalb der Städte deutlich zunehmen wird. Auch wenn es widersprüchlich erscheint: Abgelegene Gegenden seien besonders attraktiv für Menschen, die zunehmend den Wunsch hätten, Teil von etwas Authentischem zu sein. Das Ziel der Arbeit von Snøhetta ist es, das Gefühl für Umgebung, Identität und Beziehung zu anderen und die physischen Räume, in denen Menschen leben, zu verbessern. Die Ausstellung Arctic Nordic Alpine widmete sich zeitgenössischer Architektur in gefährdeten Naturlandschaften. Sie beleuchtete insbesondere den Einfluss baulicher Eingriffe auf Regionen mit extremen klimatischen Bedingungen. Ausgewählte Projekte des international renommierten Architektur- und Designbüros Snøhetta verdeutlichen, dass Architektur massgeblich zum Klimaschutz beitragen kann. So fördertsie mit innovativen Strategien einen nachhaltigeren Umgang mit der Natur – und das stets im Dialog mit der Landschaft.
Hintergrund der Ausstellung
Kjetil Trædal Thorsen, Mitgründer von Snøhetta, betonte: «Für viele Menschen ist die Peripherie ins Zentrum des Interesses gerückt und die Natur zu einem Sinnträger geworden. Auch wenn es widersprüchlich erscheinen mag, werden dadurch abgelegene Gegenden besonders attraktiv für Menschen, die zunehmend den Wunsch haben, Teil von etwas Authentischem zu sein. Um die vielfältige Nachhaltigkeit dieser Orte für die Zukunft zu bewahren, ist es oft richtig, nicht zu intervenieren. Aber an Orten, die bereits unter Druck stehen, wird es entscheidend sein, dafür zusorgen, dass eine weitere Zerstörung verhindert wird. Wir sind uns bewusst, dass jeder Eingriff den aktuellen Zustand eines Ortes verändert. Mit unserer Leidenschaft zu gestalten und unserer Vorstellungskraft können wir die Geschichten, die die Natur erzählt, einbeziehen und in architektonische Form und Sprache übersetzen.»