Wie wohnen Sie? Diese Frage tönt banal und doch hat die Antwort darauf einen wesentlichen Einfluss auf die Schweiz, wie wir sie täglich erleben, die Landschaft, das
Klima. Wohnen Sie lieber in einem Einfamilienhaus, in einer Altstadtwohnung oder in einem Hochhausneubau? Jedes Gebäude hat unterschiedliche Platzanforderungen. Ein Einpersonenhaushalt benötigt zum Beispiel im Durchschnitt knapp doppelt so viel Wohnfläche pro Person als Wohngemeinschaften. Individuelle Entscheide wirken sich auf
den Flächen- und den Energieverbrauch aus. Vielleicht wurden gerade Ihre Fenster saniert. Damit senken Sie längerfristig nicht nur Ihren Energiebedarf und die Kosten, Sie helfen auch dem Klima. In der Schweiz sind Gebäude für etwa die Hälfte des Primärenergieverbrauchs und für ein Viertel der Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Wie gelangen Sie von zu Hause zur Arbeit oder zur Freizeit? Wenn Ihre Wege kurz sind und Sie den öffentlichen Verkehr benutzen, zu Fuss gehen oder mit dem Velo fahren, helfen Sie, den Platz für Infrastrukturen gering zu halten, stossen pro Kopf weniger Treibhausgase
aus, ermöglichen mehr Kapazität und tun etwas für Ihre Gesundheit.
Wie wohnen Sie? Für Raumplaner / innen eine zentrale Frage. Wie können die individuellen Bedürfnisse umweltschonend und für die Gesellschaft verträglich umgesetzt werden? Abstimmungen wie zur Zweitwohnungs- oder Zersiedelungsinitiative zeigen, wie sehr uns
Landschaftsveränderungen und der Verlust von Grünräumen beschäftigen. Wenn es sich um alpine Landschaften handelt, wird die Diskussion noch emotionaler. Touristen und Ausflügler möchten die Berge als Kulisse für ihre Freizeitaktivitäten, Naturschützer eine intakte Umwelt, die Einwohner, die dort leben, aber ein gutes Einkommen, Erreichbarkeit oder Ruhe.
Was genau bereitet uns Sorgen an der Landschaft und den Siedlungen, in denen wir leben, und was können wir besser machen? Uns Menschen fällt es schwer, Widersprüche bei unseren Bedürfnissen oder Entscheiden vorherzusehen und zu lösen. Die Raumentwicklung
beschäftigt sich damit, diese Wünsche zu sammeln, Widersprüche aufzudecken und mit sogenannten Interessenabwägungen zu präzisieren, welches Bedürfnis weshalb zu bevorzugen sei. Dabei gibt es kein Geheimrezept, keine absolute Lösung. Unsere Ansprüche an das Wohnen verändern sich stetig. Auch die Bevölkerung, Umwelt und die Wirtschaft durchlaufen Entwicklungen. Gute und von allen getragene Resultate erzielen wir dann, wenn wir langfristig denken, miteinander sprechen und uns für die relevanten Anliegen einsetzen. Als Bundesamt für Raumentwicklung erwarten wir bei unseren Agglomerationsprogrammen zum Beispiel, dass sich mehrere Gemeinden zu einer gemeinsamen Strategie bekennen und dass sie dort die Verkehrsinfrastruktur ausbauen, wo in Zukunft Siedlungen entwickelt werden. Der Dialog vorab ermöglicht integrierte Lösungen!
Dass in den Alpen die Planung schon lange eine wichtige Rolle spielt, mag auf den ersten
Blick vielleicht etwas erstaunen. Unsere Bautechniken und Kulturlandschaften sind über
Jahrhunderte entstanden und bewusst gestaltet worden – man denke etwa an die
Streusiedlungen im Appenzell oder die kompakten Tessiner Bergdörfer. Gebaut aufgrund
räumlicher Begebenheiten und lokaler Bedürfnisse mit den vor Ort vorhandenen Baumaterialien. Dieses Wissen wird auch heute noch rege gepflegt und weiterentwickelt. Wir haben deshalb gemeinsam mit dem Fürstentum Liechtenstein vor rund zehn Jahren
den Architekturwettbewerb Constructive Alps ins Leben gerufen. Damit möchten wir gute Beispiele für nachhaltiges und klimafreundliches Bauen in den Alpen sichtbar machen und weiterverbreiten. Wiederauferstandene Baudenkmäler, das «Do-it-Yourself»-Fussballstadion
aus Holz, der Kuhstall als Theaterbühne oder die neue Dorfkäserei realisiert dank Crowdfunding. Das Engagement aller führt zu mehr Lebensqualität, mehr sozialem Zusammenhalt und vielleicht auch zu einer Versöhnung mit der Landschaft, in der wir leben. Lassen Sie sich hiervon auf constructivealps.net inspirieren und gehen auch Sie Ihren Weg. Wir suchen weitere gute Beispiele!