Norwegen – Land der Fjorde und Gletscher. Auch die Hauptstadt Oslo mit knapp 700’000 Einwohnern ist von Fjorden umgeben. Doch nicht nur die Natur ist in und um Oslo schön anzusehen. Die Stadt besitzt jetzt neben der Holmenkollen-Sprungschanze und dem neuen Opernhaus ein weiteres architektonisches Highlight direkt am Hafen: Das neue Nationalmuseum des Architekten Klaus Schuwerk zeigt sich als aussergewöhnliches Manifest für die Kunst.
Es ist das grösste Kulturzentrum der nordischen Region, eines der führenden Häuser seiner Art in Europa – dem neuen Nationalmuseum Oslo eilen grosse Versprechungen voraus. Nach dem Architekturwettbewerb 2009 und der folgenden Planungs- und Bauzeit ist der beeindruckende Neubau nun fertiggestellt und wird im Sommer 2022 eröffnet. Insgesamt über 5 000 Werke beheimatet dann das Museum: Die Kunstsammlungen der Nationalgalerie, des Museums für zeitgenössische Kunst und des Kunstgewerbemuseums werden aus den bisherigen verschiedenen Standorten zusammengelegt. Auf einer Bruttogesamtfläche von knapp 55’000 Quadratmetern auf zwei Ebenen sind Kunstwerke von der Antike bis zur heutigen Zeit zu sehen – unter anderem von Künstlern wie Munch, van Gogh oder Rembrandt.
Geschaffen, um zu bleiben
Klaus Schuwerk plante mit der Perspektive, in dem neuen Gebäude Kunstwerke für Jahrhunderte zu beherbergen. Aus diesem Grund kamen hochwertige, robuste und langlebige Produkte zum Einsatz. Materialien wie Eiche, Bronze oder Muschelkalk zieren teilweise die Böden und Wände im Inneren. Die Aussenfassade besteht aus norwegischem Schiefer, der extra für die Verarbeitung nach Deutschland und wieder zurück transportiert wurde. Das Gebäude erstreckt sich auf zwei Ebenen, in denen sich neben den Ausstellungsflächen noch ein Restaurant, der Museumsshop, ein Auditorium, die Bibliothek, Labore, Ateliers, Werkstätten, das Büro sowie Archiv- und Lagerräume befinden. Die Anordnung der Räume ist rund um einen Innenhof mit Terrasse und vertieften Gärten gewählt. Das absolute Highlight und das Symbol des neuen Museums ist jedoch die «Alabasterhalle» auf dem Dach, die zugleich eine dritte Ebene darstellt und wie auf das Gebäude aufgesetzt wirkt. Mit ihrem besonderen Licht wird sie ein spektakulärer Ort für Wechselausstellungen sein. Vor allem bei Nacht erstrahlt die Alabasterhalle mit beinahe magischem Schein.
Architektonische Wünsche umsetzen
Bei der Luft- und Klimatechnik galt es, die technischen Anforderungen mit den architektonischen Ansprüchen zu vereinen. Die Ingenieure von Kiefer Klimatechnik
aus Stuttgart suchten gemeinsam mit den Architekten und Planern nach dem idealen Mittelweg, um allen Vorgaben gerecht zu werden. Zum Einsatz kamen schliesslich die filigranen INDUL-Schlitzdurchlässe, welche man in die 20 Zentimeter breiten, offenen Spalten der gespannten Textildecken eingebaut hat. Dabei wurden die Luftdurchlässe in einem Sondermass leicht nach oben rückversetzt angebracht – der perfekte Kompromiss für alle Anforderungen: Die Räume werden gut durchströmt, die Luft kann sich gleichmässig verteilen, der benötigte Abstand zur Stoffdecke wird eingehalten und die Luftdurchlässe sind kaum sichtbar. Die ästhetische Deckengestaltung wird also nicht beeinträchtigt, was eine wichtige Vorgabe der Architekten war.
Durch die spezielle INDUL-Freistrahlcharakteristik verhindern die schmalen Schlitzdurchlässe Schmutzablagerungen entlang des Luftdurchlasses. Dadurch bleiben die gespannten Textildecken in den Innenräumen länger staubfrei. Der Forderungskatalog über die möglichst gleichwertigen Klimabedingungen in Museen wird mit dem Kiefer-System ebenfalls erfüllt. So gilt es, Zugerscheinungen zu vermeiden und insgesamt eine angenehme Atmosphäre in den klimatisierten Räumen sicherzustellen, bei der die Ausstellungsobjekte nicht beeinträchtigt werden. Dies erreicht man, indem die Zuluft in feine alternierende Freistrahlen aufgeteilt wird, wodurch die Induktion der Raumluft intensiviert wird. Im 45-Grad-Winkel strömt die Zuluft abwechselnd rechts und links in den Raum, was eine besonders gleichmässige Luftverteilung ohne spürbaren Luftzug garantiert. Insgesamt 940 Luftauslässe lieferte Kiefer für dieses aussergewöhnliche Projekt nach Oslo. Nach der Eröffnung können sich die Besucher von der angenehmen Wohlfühlatmosphäre im neuen Nationalmuseum überzeugen. Im folgenden Interview vertieft Norbert Hinderer das Thema.
Sie haben schon mehrere grosse Museumsprojekte begleitet – was war beim neuen Nationalmuseum in Oslo anders?
Dass im Lande Norwegen mit dem Osloer Opernhaus, dem neuen Munch-Museum und jetzt mit dem neuen Nationalmuseum herausragende Architektur direkt am Wasser entstanden ist. Ein weltoffenes Land, modern und aufgeschlossen, vor Ort noch familiär und mit der Stadtlage direkt am Oslofjord der ganzen Welt freundlich zugewandt.
Welchen Stellenwert hat das Thema Klima und Lufttechnik bei Gebäuden für Sie?
Die Lüftungs- und Klimatechnik ist immer dann erfolgreich geplant und ausgeführt, wenn das Ergebnis von keinem bemerkt und wahrgenommen wird. Für uns Ingenieure ist das zwar ernüchternd, aber zweitrangig, wenn dadurch für die Bauherren das eigentliche Ziel erreicht wird.
Wie beschreiben Sie die Zusammenarbeit zwischen den Architekten, Planern und Ihnen bei diesem internationalen Projekt?
Der Technikdialog mit dem Ingenieurbüro zu exemplarischen Musterräumen erfolgte überwiegend digital und telefonisch. Einbaudetails und Schnittpunkte mit den Decken besprach man in Vor-Ort-Terminen mit der Bauleitung. Um die Planung abzusichern und dem Bauherrn eine Eins-zu-eins-Anschauung zu ermöglichen, wurde ein Musterraum zu mehreren Einbauvarianten gebaut.
Bautafel
Objekt: Nationalmuseum Oslo
Bauherr: Statsbygg, Ministerium für Kultur, Oslo
Fachplaner TGA: Ingenieurbüro Ramboll, Kopenhagen
Architekt: Klaus Schuwerk (Kleihues + Schuwerk Gesellschaft von Architekten mbH)
Zeitraum: 2014 bis 2021
Produkte: Schlitzdurchlass INDUL N von Kiefer Klimatechnik, Stuttgart