Digitalisierung und Nachhaltigkeit werden meist getrennt diskutiert. Dabei gibt es spannende Überschneidungen. Der folgende Beitrag liefert eine Skizze für ein gemeinsames Vorgehen bei der Einführung der BIM-Methode und zeigt die Schnittmengen von grünen und nachhaltigen Themen auf.
Zur Bewältigung der digitalen Transformation im Bauwesen dient die Methode Building Information Modelling (BIM). Um eine «unité de doctrine» zu erreichen, wurde an den BIM Industry Days ein Sechs-Punkte-Plan formuliert, welcher ein gemeinsames Vorgehen bei der Einführung der BIM-Methode beschreibt. Dabei geht es um das gleiche Vorgehen: das gemeinsame Zielbild und die Roadmap, das gleiche Verstehen: gemeinsame Sprache (Glossar), das gleiche datentechnische Abbilden: gemeinsames Datenmodell, das gleiche Modellieren: gemeinsame Bauteilbibliothek, das gleiche Untersuchen: gemeinsame Anwendungsfälle und das gleiche Bestellen: gemeinsame Bestellgrundlagen.
Der Ansatz
Die Formulierung der gemeinsamen Anwendungsfälle wird Use-Case-Management genannt, ein systemischer, systematischer und methodischer Ansatz, der in der Schweiz entwickelt wurde und heute weltweit bei buildingSMART international angewendet wird. BIM befähigt die Baubranche zur Einhaltung des «Aktionsplans Digitale Schweiz» des Bundesrates mit ausgewählten Massnahmen von bundesexternen Dritten, die einen Beitrag zur Erreichung der Strategieziele leisten.
Digitalisierung in der Bildung
Das Konzept des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) teilt der Bildung, Forschung und Innovation die zentrale Rolle in der Entwicklung, Anwendung und Nutzbarmachung neuer Technologien zu. Das zugrundeliegende didaktische Konzept baut auf drei Säulen auf: Interdisziplinarität, Future Skills und Vernetzung.
Interdisziplinarität bedeutet vielfältige und flexible Curricula, unterstützte und begleitete Lernprozesse, Flipped Classroom und Blended Learning.
Future Skills umfasst die Verankerung und integrative Förderung von zukünftigen Fähigkeiten. Vernetzung weist auf die Kultur des Teilens von Wissen und Können, die Vernetzung von Lehre und Forschung und die externe Vernetzung hin.
Kompetenzbildung über Titelerwerb
Wie gestaltet sich die Bildungslandschaft der Zukunft auf der Sekundär-, Tertiär- und Quartärstufe? Wenn das oben erwähnte didaktische Konzept umgesetzt werden soll, dann muss ein relevantes Umdenken und eine signifikante Umstellung der Bildungsstrategie erfolgen. Der monodisziplinäre Unterricht muss einem interdisziplinären Projektunterricht weichen. Ergebnis- und Erlebnisorientierung sollte dabei im Vordergrund stehen. Durch Teamteaching und unterrichtsintegrierte Forschung entwickeln sich die Bildungsstätten zu lernenden Systemen weiter. Junge Studierende wollen sich dort befähigen, wo die höchsten Kompetenzen vorhanden sind, was automatisch dazu führt, dass sie als «Bildungsnomaden» durch nationale und internationale Bildungslandschaften mäandern.
Dadurch lässt sich ein Mehrnutzen in der Kollaboration von Hochschulen aufzeigen und die Anzahl der Studierenden kann sich dadurch für alle erhöhen. Solche Veränderungen werden von Befürchtungen begleitet. Während sich Dozierende als «allwissende Frontalpredigerinnen und Frontalprediger» sahen, entwickelt sich die moderne Didaktik schon längst in Richtung Coaching und Mentoring.
In der Komplexität des dualen Bildungssystems heisst das, dass die Befähigung nicht nur auf Stufe der Dozierenden und Studierenden stattfinden muss, sondern auch auf Stufe der Branche und Unternehmung. Dazu wurden von Bauen digital Schweiz / buildingSMART Switzerland (BdCH-bSCH) Hilfsmittel entwickelt. Beispiele sind das Aus- und Weiterbildungsportfolio, das «big picture» der BIM-Organe, das Glossar digitale Bauwirtschaft und ein zertifiziertes Prüfverfahren für
BIM-Grundlagen.
Die Sinnhaftigkeit
Die Baubranche wendet BIM an, um alle Prozesse in Planung, Bau und Nutzung simulieren und optimieren zu können. Dabei soll ein verlustfreies Datenhandling durch strukturierte, generische und maschinenlesbare Daten ermöglicht werden. Konsolidierte Arbeitshilfen von BdCH-bSI regeln und unterstützen die Prozesse, Strukturen und Rollen.
BIM liefert Datengrundlagen für die Kostenrechnung (BIM2cost), Terminplanung (BIM-2schedul), Treibhausgas (BIM2emissons), Business-Modelle (BIM2business), Nachhaltigkeit (BIM2sustainability), Produktionstechnologie (BIM2production), Unterhalt (BIM2FM), Lebenszyklus (BIM2LCA) und vieles mehr. Zusammengefasst: BIM macht Sinn, wenn daraus brauchbare und belastbare Ergebnisse resultieren.
Das Klima gibt den Bauplan vor
Das kurzfristige Kostendenken muss durch ein langfristiges Qualitätsdenken ersetzt werden. Wer könnte das besser umsetzen als die Baubranche? Wir bauen für künftige Generationen und unser Handeln muss «cradle to cradle» geleitet sein. Als «Holzwurm» motiviert mich die Kreislaufwirtschaft, denn mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz, gepaart mit erneuerbarer Energie in Bau und Betrieb, können zukunftsfähige Konzepte entwickelt werden.
Die Botschaften müssen einfacher sein und mit Beispielen hinterlegt werden und die Individualität der Menschen sollte so wenig wie möglich eingeschränkt werden:
1. Es ist bedeutend einfacher, nachhaltige Häuser zu bauen, als Leute in ihrer Mobilität einzuschränken.
2. Es ist bedeutend einfacher, ökologische und nachwachsende Baustoffe zu verwenden, als den Fleischkonsum einzuschränken.
3. Es ist bedeutend einfacher, Fassaden zu begrünen, als energiebetriebene
Technologien zur Kühlung, Luftreinigung und Lärmdämmung einzusetzen.
Für mich heisst Nachhaltigkeit: «ein System nutzen, aber nicht ausnutzen». Das heisst, ich darf fischen, wenn ich wiederum Fischaufzucht betreibe; ich darf Holz ernten, wenn ich wieder Bäume pflanze (ökologische Nachhaltigkeit). Ich darf Mitarbeitende anstellen, ich muss sie aber richtig entlohnen, fair behandeln und für ihre Arbeitssicherheit garantieren (soziale Nachhaltigkeit). Ich darf mit meinem Tun Geld verdienen, es soll aber auf Wertschöpfung und nicht auf Ausnutzung von Schwächeren beruhen (ökonomische Nachhaltigkeit).
In der Schweizer Baubranche wächst das Bewusstsein mit jedem gut gebauten Beispiel. Dazu müssen aber oftmals Paradigmen wechseln und Bautraditionen, also Baukulturen, angepasst und gewandelt werden. Die Digitalisierung hilft uns in allen Bereichen dieser Transformation. Für mich als Ingenieur ist es wichtig, dass Nachhaltigkeit messbar, berechenbar und kontrollierbar ist. Egal welche Methode angewendet wird, ob SNBS, Nachhaltigkeitskompass, Treibhausgas, oder CO2 – durch den digitalen Zwilling kriege ich die richtigen Daten. BIM lässt sich nicht delegieren, Kollaboration ist angesagt.