Immer mehr grosse Wohnbauten entstehen heutzutage im Holzbau und deren Bewohner sind sehr zufrieden mit der Bauakustik. Das hat eine umfangreiche wissenschaftliche Befragung zur subjektiven Wahrnehmung von Schall im Wohnumfeld ergeben. Die hohe Bewohnerzufriedenheit verdankt sich der Tatsache, dass in modernen mehrgeschossigen Holzbauten erprobte schalltechnisch robuste Konstruktionslösungen zum Einsatz kommen.
Die derzeit grösste Schweizer Wohnüberbauung aus Holz, «sue & til» in Ober-Winterthur, ist sechs Geschosse hoch, 200 Meter lang und bietet vielfältigen Wohnraum in über 300 Einheiten. Die Tragstruktur bis zur Erdgeschossdecke ist betoniert; die vier bis fünf Stockwerke darüber bestehen mit Ausnahme der aussteifenden Treppenhauskerne aus vorfabrizierten Holzbauteilen. Die Deckenkonstruktion ist aus Massivholz-Elementen in Brettschichtholz aufgebaut und mit einer zusätzlichen Splittschüttung beschwert.
Durchdachte Konstruktion
Für die Gebäudestruktur wurde ein System mit einer möglichst einfachen Lastabtragung
gewählt. Als Auflager für die Decken dienen tragende Wandkonstruktionen oder Unterzüge. Die vertikalen Lasten werden von einer Stütze auf die darunter stehende Stütze übertragen, ohne den dazwischen liegenden Träger zu belasten. Die tragenden Innenwände sowie die Aussenwände sind in Holzrahmenbauweise ausgeführt. Die nicht tragenden Zimmerwände wurden in Leichtbauweise erstellt und die Badezimmer als vorgefertigte Module angeliefert. Bei diesem Gebäude werden die erhöhten Anforderungen gemäss der Norm SIA 181 «Schallschutz im Hochbau» sowohl beim Trittschall als auch beim Luftschall für den normativen Bereich ab 100 Hertz (Hz) problemlos erreicht. Auch die tieffrequenten
Trittschallanteile von Gehgeräuschen werden wirkungsvoll gedämmt. Die guten Schalldämmwerte resultieren bei dieser Konstruktion insbesondere aus der tief ausgelegten Resonanzfrequenz zwischen dem Bodenaufbau und der Decke. Dies verdankt sich dem acht Zentimeter dicken Estrich, der Splittbeschwerung auf der Rohdeckenkonstruktion sowie der
weichen Trittschalldämmung. Diese Ausführung eignet sich bei einer sichtbaren Holz-Tragstruktur. Auf eine Unterdecke kann hier aus schalltechnischen Gründen verzichtet werden.
Erprobte Lösungen
Tatsächlich können die Anforderungen an den Schallschutz im Holzbau jeweils mit
verhältnismässig einfachen Massnahmen eingehalten werden. Die mehrschalig ausgeführten Holzbauteile erreichen im Vergleich zu einschaligen Massivbauteilen
gleich hohe Schalldämmwerte bei wesentlich geringerer Masse. Für gute Schalldämmwerte
bei mehrschaligen Konstruktionen sind eine genügend grosse flächenbezogene Masse der Schalen, eine möglichst weiche Feder (weiche Dämmschicht oder grosser Schalenabstand), die Verhinderung von Hohlraumresonanzen sowie eine möglichst elastische Befestigung
der Schalen mit der Tragkonstruktion vorzusehen. Für einen guten Schallschutz ist die Konstruktion der Decke zentral. Um unerwünschte Lärmbelästigungen zu vermeiden, sind Gehgeräusche zu beachten, welche durch Schritte im darüber liegenden Stockwerk verursacht werden. Diese in Gebäuden üblichen Schallemissionen sind sehr tieffrequent und haben ihre wesentlichen Schallanteile unterhalb von 100 Hz. Eine optimale Dämmung dieser tieffrequenten Geräusche erreicht man durch intelligente Bauteilschichtungen. Dazu ist es von Bedeutung, bei der Planung die einzelnen Systeme wie Tragkonstruktion,
Bodenaufbau und Unterdecke aufeinander abzustimmen. Dabei gilt es, die Resonanzfrequenz zwischen Bodenaufbau und Tragkonstruktion sowie zwischen einer allfälligen Unterdecke und der Tragkonstruktion möglichst tief zu planen.
Konstruktive Massnahmen
Eine geeignete schalltechnische Massnahme bei Holzdecken ist die Beschwerung der Rohdeckenkonstruktion. Bei Holz-Rohdeckenkonstruktionen lassen sich durch das Hinzufügen zusätzlicher Masse wesentlich bessere Werte bereits bei tiefen Frequenzbändern erreichen. Eine Rohdeckenbeschwerung dämmt somit die störenden
Schallanteile von Gehgeräuschen wirksam. Die wichtigsten Einflussparameter bei der
Rohdeckenbeschwerung sind das Flächengewicht der eingebrachten Masse sowie die
Biegesteifigkeit der Beschwerung. Geeignet sind Splittbeschwerungen mit einer flächenbezogenen Masse von 120 Kilogramm pro Quadratmeter (kg / m2). Eine weitere bedeutende Massnahme liegt im Einsatz eines geeigneten Fussbodenaufbaus. Die Wirksamkeit von Estrichaufbauten wird massgeblich von der flächenbezogenen Masse des Estrichs sowie der Steifigkeit der Trittschalldämmung beeinflusst. Dabei muss die Masse
des Estrichs ausreichend hoch sein und die Trittschalldämmung eine möglichst geringe Steifigkeit aufweisen, um schalltechnisch optimale Resultate zu erzielen. Infrage kommen Glasfaser-Trittschalldämmungen mit einer dynamischen Steifigkeit von sechs Meganewton pro Kubikmeter oder tiefer. Beim Bodenaufbau eignen sich Nassestriche mit einer flächenbezogenen Masse von mindestens 160 kg / m2. Zusätzlich zum richtigen Fussbodenaufbau kann eine abgehängte Unterdecke eine weitere schalltechnische Verbesserung bringen. Für eine wirksame Schalldämmung der tieffrequenten Schallanteile muss die Bekleidung eine möglichst grosse flächenbezogene Masse und eine geringe Biegesteifigkeit aufweisen. Zudem muss der Schalenabstand zwischen der Rohdecke und der Unterdecke möglichst gross sein. Ausserdem ist es wichtig, dass die Unterdecke von der Rohdecke entkoppelt wird.
Schallschutznachweis einfach gemacht
Im nationalen Forschungs- und Entwicklungsprojekt «Schallschutz im Holzbau» der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft unter der Gesamtleitung von Lignum wurden in den letzten Jahren für typische Holzbaukonstruktionen in den Labors der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Die im Projekt experimentell ermittelten Schallschutzdaten sind für die Berechnung der direkten Schallübertragung in der Lignum-Bauteildatenbank «lignumdata» abgebildet. Für die Prognose der Luft- und Trittschalldämmung stehen zudem – neben
der direkten Schallübertragung über die Bauteile – Kennwerte für die Nebenwegübertragungen über die Bauteilverbindungen zur Verfügung. Um die ermittelten Daten für ein möglichst breites Anwenderfeld nutzbar zu machen und einen einfachen
Schallschutznachweis zu ermöglichen, wird ein Softwaretool entwickelt, das im Verlauf des Jahres verfügbar sein wird.